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Das Augsburger Bündnis gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP agiertWiderstand gegen TTIP, „die größte Schweinerei überhaupt“Aktionen der Linken vor Krankenhäusern, Unterschriftensammlungen in der Stadt, an Haltestellen, vor Einkaufszentren. Große Demonstration von AttacVon Susanne Hofmann Im Business Dress, das Haar flott frisiert, den Firmenanstecker am Revers – so präsentierten sich in den letzten Wochen eine Handvoll Mitglieder des Augsburger Bündnisses gegen TTIP Besuchern des Augsburger Klinikums und des Krankenhauses Friedberg. Getarnt als Investoren sind sie Boten einer schönen neuen Welt: „Schönen guten Tag, wir von der »American organization for technological health« haben das Krankenhaus für einen Probebetrieb von zwei Wochen übernommen und möchten gerne Ihre Kreditwürdigkeit prüfen. Eine Service-Abfrage unseres Hauses, um Ihre optimale Behandlung sicherzustellen.“ Zurückweichen, befremdetes Stirnrunzeln, amüsiertes Kopfschütteln. Dann die Aufklärung: Privatisierung der Klinik steht nicht zur Debatte. Noch nicht. Doch in wenigen Jahren könnte es so weit sein. Schon mal Das scheint das Gros der Passanten allerdings anders zu sehen. Bei den meisten von ihnen löst das Stichwort „privatisieren“ sofort eine Abwehrreaktion aus. Besonders wenn es im Zusammenhang mit „Gesundheitssystem“ fällt. Offenbar sind vielen die Privatisierungswellen der letzten Jahrzehnte ein Dorn im Auge. Die USA scheinen in dieser Hinsicht weniger als Vorbild denn als Schreckgespenst zu taugen. Exklusive Behandlungszentren für einige Superreiche, dünnes Versorgungsangebot und Zuzahlungen für das Volk. In der Tat: Die „Augsburger Allgemeine“ hat sich mit Berichten über TTIP bisher zurückgehalten. Nur drei Artikel widmeten sich im Sommer dem Thema. Andere Zeitungen wie zum Beispiel die „Süddeutsche“ berichten dagegen sogar recht ausführlich, sowohl im Wirtschafts- wie im Politikteil oder im Feuilleton. Die Bild-Zeitung schweigt sich bisher aus über TTIP. Was vielleicht auch mit dem 3. Unternehmensgrundsatz ihrer Satzung zusammenhängt. Der erlegt ihr ja eine gewisse Selbstbeschränkung in der Berichterstattung auf: „Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Und weil die USA TTIP angestoßen und großes Interesse an seinem Abschluss haben, darf sich die „Bild“ hier vielleicht gar nicht zum Anwalt des kleinen Mannes aufschwingen. Obwohl der wahrscheinlich vor allem Nachteile hätte von schrankenlosem, vor Privatgerichten einklagbaren Investitionsschutz. Auch die privaten Fernsehsender sparen das Thema völlig aus. Nur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird man fündig. Rechercheformate wie „Monitor“, aber auch „plusminus“ und „quer“ im Bayerischen Fernsehen haben auf die Schattenseiten von TTIP und Co aufmerksam gemacht. Eine halbstündige Dokumentation der ARD zeigt die Dimensionen der Abkommen auf .[3] Angesichts der Brisanz des Themas würde man sich aber sicherlich noch mehr Berichte, auch zur besten Sendezeit wünschen. Wer TTIP trotz der spärlichen Aufklärung durch die Massenmedien verfolgt hat, bewertet das Abkommen mehrheitlich kritisch. Das zeigt eine Allensbach Umfrage vom September. 60 Prozent der gut informierten Befragten halten es für keine gute Sache. Das Meinungsbild der Passanten vor den Krankenhäusern ist da noch eindeutiger. Unter den rund 100 mit TTIP Konfrontierten gibt es nur eine Handvoll Befürworter. Diese wenigen vermuten Vorteile für „die Wirtschaft“. Das jedoch sieht der „Bundesverband mittelständische Wirtschaft“ anders: Er befürchtet durch die Einrichtung „massive negative Folgen für die mittelständische Wirtschaft“.[4] Die Einrichtung privater Schiedsgerichte zur Durchsetzung von Konzerninteressen gegenüber Staaten, so der Verband, „begünstigt Großkonzerne, die so geltendes nationales Recht und die staatliche Gerichtsbarkeit umgehen können.“ Die Hauptfrage, die bei der Aktion unter den Passanten vor den Kliniken aufkommt: Was kann man als einfacher Bürger dagegen machen, wie sich Gehör verschaffen? Da gibt es mehrere Möglichkeiten: Zum Beispiel die gewählten Volksvertreter, sprich Bundestagsabgeordnete und EU-Parlamentarier anschreiben und sie an ihre eigentliche Aufgabe erinnern: die Interessen der Bürger durchzusetzen. Außerdem freut sich das Augsburger Bündnis gegen TTIP über Mitstreiter. Dabei handelt es sich um einen losen Zusammenschluss von Grünen, Die Linke, Piraten, PolitWG, ver.di.[5] Besonders aktiv gegen TTIP ist die Gruppe attac, die seit Monaten Veranstaltungen zum Thema organisieren. Am 11. Oktober, dem europaweiten Aktionstag gegen TTIP, tummelten sich die Augsburger Aktivisten zwischen Rathausplatz, Martin-Luther-Platz und Königsplatz, sammelten an Infotischen Unterschriften verteilten Unterschriften-Listen zum Mitnehmen. Denn: Seit dem 8.10.2014 läuft die selbstorganisierte europaweite Bürgerinitiative.[6] Listen zum Selber-Sammeln, sowie Info-Material kann man u. a. bestellen beim Umweltinstitut München.[7] Attac organisierte am gleichen Tag, Samstag 11. Oktober, eine große Demonstration im Stadtzentrum von Augsburg, an der sich 700 Menschen beteiligten. Dabei wurden die Stadträt_Innen der Linken, bzw. der Ausschussgemeinschaft im Stadtrat, Oliver Nowak (Polit-WG) und Volker Schafitel (Freie Wähler) gesehen sowie Stadträt_Innen der Grünen. Gewerkschafter waren da, wenn auch nicht haufenweise. StadträtInnen von SPD und CSU wurden – wenn uns nicht alles täuscht – nicht gesehen. Die selbstorganisierte Bürgerinitiative haben rund 250 Organisationen in ganz Europa auf die Beine gestellt, darunter Attac, Umwelt- und Verbraucherschutzverbände und Gewerkschaften. Ihr Ziel: Sie wollen eine Million Unterschriften in ganz Europa sammeln und damit ein Zeichen setzen: Für eine demokratische EU, in der Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutz-Standards nicht als Handelshemmnis gesehen werden, sondern als wesentlicher Schutz gegen eine schrankenlose Ausbeutung von Mensch und Natur.
2] Transatlantische Freihandelsabkommen, offiziell Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (englisch Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP, s. http://de.wikipedia.org/wiki/Transatlantisches_Freihandelsabkommen
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