Augsburger Bündnis ruft zur Kundgebung am Antikriegstag auf

Deutlich gegen die deutsche Aufrüstung und Kriegspolitik

Peter Feininger

31.8.2018

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Erneut ruft ein Augsburger Bündnis zur Kundgebung am Antikriegstag auf. Am 1. September halten eine Reihe von antimilitaristischen, antifaschistischen, humanitären und linken Organisationen zwischen 14 und 16 Uhr am Königsplatz/Manzu-Brunnen Reden, Kulturprogramm und Infostände ab. Darunter ist als einzige Gewerkschaft die GEW. Der Aufruf (siehe unten im Anhang) benennt deutlich die deutsche Aufrüstung und Kriegspolitik, vor allem die Einkreisung Russlands durch die NATO. Diese klare Sprache dürfte mit ein Grund sein, dass sich der DGB nicht beteiligt, obwohl er den Antikriegstag eigentlich traditionell begeht und auch ein zentraler Aufruf des DGB vorliegt. Dass die Grünen und auch die grüne Jugend, die zum Beispiel beim Ostermarsch oft dabei sind, auch nicht hinter diesem Aufruf stehen, versteht sich. Ein bisschen Hetze gegen China, Russland und das Assad-„Regime“ müsste schon dabei sein.


Früher machte der Augsburger DGB eigene Veranstaltungen zum Antikriegstag. Diesmal macht er rein gar nichts, der 1. September kommt im Terminkalender des Augsburger DGB nicht vor. Die Bundeswehr- und Rüstungsfraktion im DGB-Kreisvorstand, an deren Spitze mit Sicherheit die IG Metall steht, hat wohl inzwischen das Ruder übernommen. Dass es auch anders ginge, zeigt ein Beispiel aus Niedersachsen.

Ein nachahmenswertes Beispiel aus Niedersachsen

In Niedersachsen haben DGB-Kreisvorsitzende zusammen mit anderen Gewerkschaftern eine neue „Gewerkschaftliche Initiative für aktive Friedenspolitik und Militär- und Rüstungskonversion“ gegründet. Der Zusammenschluss ruft gemeinsam mit Friedensgruppen vom 29. August bis zum 4. September zur Teilnahme an einem Friedenscamp im niedersächsischen Unterlüß auf. Am 2. September findet dort ab 13 Uhr eine Demons­tration gegen das im Ort befindliche Panzerwerk des Rüstungskonzerns Rheinmetall statt. Am Mittwoch veröffentlichte die Initiative unter anderem Auszüge aus ihrem Aufruf mit dem Titel „Keine Erhöhung der Rüstungsausgaben, Abrüsten und Militärkonversion sind das Gebot der Stunde“ (1):

„Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wollen wir nicht tatenlos zusehen, wenn die Bundesregierung der NATO-Vereinbarung folgt und die Rüstungsausgaben nahezu verdoppelt. Das sind mindestens weitere 30 Milliarden Euro, die im zivilen Bereich fehlen, so bei Schulen und Kitas, sozialem Wohnungsbau, Krankenhäusern, öffentlichem Nahverkehr, kommunaler Infrastruktur, Alterssicherung, ökologischem Umbau, Klimagerechtigkeit und internationaler Hilfe zur Selbsthilfe.

Sicherheitspolitisch schadet die geplante Erhöhung der Rüstungsausgaben einer friedlichen Außenpolitik. Mehr Rüstung und Militär erhöhen die Kriegsgefahr. Niedersachsen ist Schwerpunkt der (…) Truppenübungsplätze und der Rüstungsproduktion. Wir wollen ein friedliches Niedersachsen mit sozial gesicherten, ökologischen, rüstungs- und militärfreien Arbeitsplätzen. Deshalb unterstützen wir Initiativen, die sich für Militär- und Rüstungskonversion einsetzen. Biosphärengebiete schaffen viele zivile Arbeitsplätze, und Rheinmetall kann benötigte technische Geräte fürs Gesundheitswesen und andere zivile Bereiche produzieren.“

Der zentrale Aufruf des DGB

Wie jedes Jahr liegt eine Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag vor. Heuer heißt die Losung „Nie wieder Krieg! Abrüsten statt aufrüsten!“ (2) Das linke Portal German Foreign Policy macht diesen zentralen Aufruf des DGB komplett runter (3). Das ist wahrscheinlich über das Ziel hinaus geschossen. Zwar wird im Aufruf des DGB von mehr als 30 Kriegen und bewaffneten Konflikten gesprochen, die rund um den Globus toben, ohne die Auslandseinsätze der Bundeswehr konkret zu benennen und zu kritisieren. Zwar wird neben den USA gleichermaßen Russland, China, Nordkorea, Indien und Pakistan gleichermaßen vorgehalten, zu einem erneuten nuklearen Wettrüsten beizutragen. Aber immerhin wird die deutsche Bundesregierung angegriffen, weil sie sich weigert, den von über 120 Staaten beschlossenen UN-Vertrag über ein Atomwaffenverbot mitzutragen.

Relativ allgemein heißt es im DGB-Aufruf: „Wachsende Instabilität und die zunehmende Bereitschaft, die eigenen Interessen mit militärischer Gewalt durchzusetzen, prägen das internationale Geschehen.“ Immerhin wird aber die Bundesrepublik Deutschland nicht ausgenommen von dieser Bereitschaft, die eigenen Interessen mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Ausdrücklich lehnen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften das NATO-Ziel ab, die Rüstungsausgaben der Bündnispartner auf zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zu erhöhen.

Der DGB benennt auch das soziale Unrecht, das ein Rüstungsetat in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen würde: „Zwei Prozent des BIP für den Rüstungsetat – das wären alleine in Deutschland weitere 30 Milliarden Euro, die im zivilen Bereich fehlen würden: für Investitionen in Bildung, Hochschulen, Schulen und Kitas, für den sozialen Wohnungsbau, für kommunale und digitale Infrastruktur, für eine gerechte und ökologische Gestaltung der Verkehrs- und Energiewende, für eine bessere Alterssicherung und mehr soziale Sicherheit.“

Am Ende seines Aufrufs zum Antikriegstag fordert der DGB nicht nur eine restriktivere Waffenexportpolitik, sondern spricht sich „für eine Politik der Abrüstung und Rüstungskonversion“ aus. Ausdrücklich wird die Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ unterstützt, wo es im von zahlreichen Prominenten unterzeichneten Aufruf unter anderem recht forsch heißt: „Militär löst keine Probleme. Schluss damit. Eine andere Politik muss her.“ (4) Die Schlusspassage des Aufrufs des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag lautet:

„Überdies fordern der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften eine stärkere und bessere Kontrolle von Waffenexporten. Wir lehnen Waffenexporte in Krisen- und Konfliktgebiete sowie an diktatorische und autokratische Regime grundsätzlich ab. Stattdessen treten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften für eine Politik der Abrüstung und Rüstungskonversion ein. Wir unterstützen deshalb die friedenspolitische Initiative „Abrüsten statt Aufrüsten“ und rufen anlässlich des Antikriegstags öffentlich dazu auf, die Petition dieser Initiative gegen das Zwei-Prozent-Ziel der Bundesregierung zu unterzeichnen (https://abruesten.jetzt/).“

Die Augsburger Rüstungsproduktion ist leider kein Thema

Es ist echt ein Unding, dass der Augsburger DGB auf seinem Internetportal diesen zentralen Aufruf nicht einmal erwähnt. Dabei wäre auf Basis dieses zentralen Aufrufs des Deutschen Gewerkschaftsbundes einiges geboten, gerade auch in Augsburg. Die oben erwähnte „Gewerkschaftliche Initiative für aktive Friedenspolitik und Militär- und Rüstungskonversion“ in Niedersachsen handelt eigentlich in diesem Sinne und nimmt sich in dem diesjährigen Friedenscamp eine zentrale Panzerfabrik von Rheinmetall in Unterlüß vor. Das Werk nennt sich Rheinmetall Waffe Munition GmbH. Es ist spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion von großkalibrigen Waffenanlagen einschließlich der entsprechenden Munition; dazu zählen beispielsweise die Waffenanlage für den „weltweit leistungsfähigsten“ Kampfpanzer Leopard 2, den „„modernsten deutschen Panzer“ Puma und die Suchzündermunition SMArt 155 für die Artillerie.

Sowohl für den Kampfpanzer Leopard als auch den Schützenpanzer Puma werden bei der Renk AG in Augsburg die Getriebe gefertigt und Krauss-Maffei Wegmann sowie Rheinmetall beliefert. Wie wäre es denn mit einem Solidaritätsschreiben des Augsburger DGB anlässlich der antimilitaristischen Aktion der niedersächsischen Kreisverbände gegen das Werk Rheinmetall Waffe Munition? Auf der Linie des bundesweiten Aufrufs des DGB zum Antikriegstag würde es liegen.

Aber nicht nur der Augsburger DGB schweigt zur örtlichen Rüstungsproduktion. Auch der Aufruf des Augsburger Aktionsbündnisses äußert sich dazu leider nicht. Nach dem 1. September Bilanz zu ziehen, was bundesweit so alles los war am Antikriegstag, wäre sicher aufschlussreich.

Peter Feininger, 31. August 2018

Die Bilder stammen von der Kundgebung zum Antikriegstag 2017 am Königsplatz

 

Anhang

Für Frieden, Freiheit und internationale Solidarität – Antikriegstag 2018

Aufruf des Augsburger Bündnisses

Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. 60 Millionen Todesopfer und Millionen von traumatisierten Überlebenden stehen für den schlimmsten Vernichtungskrieg in der Geschichte der Menschheit. Trotz dieser Erfahrungen sind wir Tag für Tag mit Kriegen in immer mehr Brennpunkten der Welt wie zum Beispiel in Syrien, konfrontiert. Deutschland beteiligt sich daran, geleitet von der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD. Zu den größten Profiteuren der deutschen Kriegspolitik zählen Rüstungskonzerne wie Rheinmetall und Thyssenkrupp oder Kriegswaffenhersteller wie Heckler&Koch, die gedeckt von der herrschenden Elite, aber leider auch von Teilen der IG Metall, hemmungslos Waffen in alle Welt exportieren. Deutsche Finanzkonzerne unterstützen Waffenschmieden - auch solche, die an kriegsführende Staaten liefern - mit Milliardenbeträgen durch Kredite oder ausgegebene Anleihen. Sie investieren etwa in den deutschen U-Bootbau und profitieren von Unternehmensbeteiligungen an US-Rüstungsfirmen, die zu den Hauptlieferanten der von Saudi-Arabien angeführten „Golfallianz“ gehören. Als „Vermögensverwalter“ verdienen sie an unzähligen Rüstungsgeschäften.

68,5 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Der Großteil kommt aus Kriegs- und Krisengebieten. Die Nato-Staaten haben mit den Kriegen wie in Afghanistan, Irak, Syrien, Mali und Libyen und den Waffenlieferungen in die Brandherde auf dieser Welt maßgeblich dazu beigetragen, dass Menschen fliehen müssen. Wer Waffen produziert und exportiert und Unrechtssysteme unterstützt ist immer für Zerstörung, brutale Gewalt, Vertreibung und Flucht verantwortlich.

Die aggressive Ausdehnung der Nato nach Osten und die zunehmende Militarisierung an den EU-Außengrenzen führen zu einer gefährlichen Konfrontation der Nato-Staaten mit Russland. Anstatt Feindbilder abzubauen schlagen sich die meinungsführenden Medien auf die Seite der Mächtigen und hetzen mit diesen gegen die Forderungen nach einer auf friedliches und solidarisches Zusammenleben der Völker ausgerichteten Politik.

Die Nato-Staaten geben bereits vierzehn Mal mehr für Rüstung aus als die Weltmacht Russland. Die Forderung, die Rüstungsausgaben auf 2 % des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen bedeutet für Deutschland den Rüstungsetat nahezu auf 80 Milliarden Euro jährlich zu verdoppeln, sodass Deutschland schon allein mehr als Russland für Waffen und Militär ausgibt. Diese massive Aufrüstung ist nicht mit Bedrohung zu rechtfertigen, heizt den Rüstungswettlauf an, erhöht die Kriegsgefahr und geht zu Lasten von Bildung, Gesundheitsversorgung und Sozialem.

Der Antikriegstag verpflichtet uns, gegen das weitere Aufrüsten, gegen Kriege, gegen Faschismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz aktiv zu werden.

Diese Aktion wird unterstützt von:

Augsburger Friedensinitiative (AFI), Courage Augsburg, Deutsche Friedensgesellschaft–Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG–VK) Gruppe Augsburg, DIE LINKE. Kreisverband Augsburg, DKP Augsburg, GEW KV Augsburg, Internationalistisches Bündnis Augsburg, Kulturcafe NERUDA, MLPD Augsburg, pax christi Augsburg, Redaktion www.forumaugsburg.de, SDAJ, SearchWing, Umweltgewerkschaft in Augsburg, VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten KV Augsburg und Einzelpersonen

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1 Zitiert nach Junge Welt „Gegen Kriegsprofiteure“. junge Welt, 23. August 2018. https://www.jungewelt.de/artikel/338431.gegen-kriegsprofiteure.html.

2 DGB-Bundesvorstand. „Nie wieder Krieg! Abrüsten statt aufrüsten! Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag 2018“. Deutscher Gewerkschaftsbund, 6. Juli 2018. http://www.dgb.de/themen/++co++dd4c8358-80f8-11e8-91f7-52540088cada.

3 „Ganzheitliche Herangehensweise“. GERMAN-FOREIGN-POLICY.com, 29. August 2018. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7703/.

4 „Aufruf abrüsten statt aufrüsten | Keine Erhöhung der Rüstungsausgaben – Abrüsten ist das Gebot der Stunde | abrüsten.jetzt!“ Abrüsten statt Aufrüsten, 2018. https://abruesten.jetzt/.


   
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