Dritte Demonstration der Schüler gegen die Tatenlosigkeit der Politik in Sachen Klimaverschlechterung

FFF 3

Die berechtigte Wut und der Zorn der Schüler ist groß

21.3.2019


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Anbei ein kurzer Beitrag mit vielen Bildern von der Demonstration und einem Redebeitrag einer Schülervertreterin auf dem Rathausplatz am Freitag, 15.3.2019.

Die Schüler sind wütend. Am vergangenen Freitag haben ca. 1500 Schüler in Augsburg erneut demonstriert und gestreikt gegen die Tatenlosigkeit der Politik in punkto Klimaschutz. Deutschlandweit waren es ca. 300.000. Die Fridays for Future-Demonstrationen waren diesmal weltweit organisiert. Vereinzelt hat diese Bewegung inzwischen auch auf andere Bevölkerungsteile übergegriffen. Gewerkschaften, Studenten, „Parents for Future“ sowie „Scientists for Future“ haben sich der Bewegung angeschlossen. Deren Beistand ist bisher relativ gering und sollte unbedingt noch wachsen. Vor allem die Gewerkschaften sind hier gefragt. Die Wut der Demonstranten beschränkt sich nicht nur auf die Tatenlosigkeit der Politik beim Klimaschutz. Die Ignoranz und Arroganz, die Parteien und politisch Verantwortliche an den Tag legen, ist vielen Schülern ein Ärgernis. Es geht schließlich um die „klimatische Zukunft“ eben dieser Generation. Also muss man sie nicht nur anhören, sondern die Politik muss ihren Protest und ihre Vorschläge ernst nehmen und beginnen, die Forderungen umzusetzen. Das Gefahren- und Verantwortungsbewußtsein der Schüler ist groß. Ihr politisches Bewußtsein ist weder parteipolitisch gebunden, noch ideologisch verbildet. Das ist die eigentliche Kraft und Glaubwürdigkeit dieser Bewegung. Weit glaubwürdiger als das Politiker sind. Wenn diese nicht mehr zu diesem Engagement sagen als dass man froh sei um das politische Engagement der Jugend, aber doch bitte an schulfreien Tagen, dann reicht das den Schülern bei weitem nicht. Sie erwarten die Umsetzung ihrer Forderungen. Abgesehen vom politischen Phrasendeutsch, dass sich auf Seiten der Politik zeigt, bedeutet der Hinweis auf den schulfreien Samstag die Drohung mit ordnungspolitische Massnahmen der Schulverwaltung. Gegenwärtig sind die staatlichen Schulbehörden noch zögerlich, weil sie nicht wissen, wie die Eltern reagieren werden. Man sollte sich aber keine Illusionen darüber machen, dass der Staat bei anhaltenden, vielleicht sich steigernden Protesten und weiterer Unterstüzung mit Repressionsmaßnahmen aufwartet. Es ist also nicht nur aus diesen Gründen Solidarität mit den Anliegen der Schüler notwendig.

Rede einer Schülervertreterin

Liebe Mitschüler und Mitschülerinnen, Studenten und jeder, der sich sonst bei dem Wetter rausgetraut hat.

Vor wenigen Monaten noch existierte diese Bewegung, Fridays for Future, noch nicht. Heute findet ein weiterer Internationaler Schulstreik statt. Während wir hier im Regen stehen, sitzt Trump im Weißen Haus, Merkel erfüllt ihre Termine und Aufgaben, beide im Wissen, was wir hier tun und was wir versuchen heute zu erreichen. Sie und andere ihrer Art, Politiker, Präsidenten und Staatenlenker bestimmen unsere Zukunft. Sie formen die Welt in der wir, unsere Kinder und unsere Enkel leben werden. Sie haben das unglaubliche Privileg der Macht durch ihre Position. Ihre Stimme und Meinung zählt, sie findet Widerspruch und Zustimmung unter Millionen von Menschen; sie wird gehört. Dieses Privileg haben wir nicht.

Was bringt uns jedoch diese Zukunft die sie für uns bereit halten? Wir sind alle trotz Demonstrationen oft genug in der Schule gewesen um die Auswirkungen des Klimawandels zu kennen: Artensterben, Steigen des Meeresspiegels, extreme Jahreszeiten und Wetterphänomene. Letztendlich laufen wir auf eine weitere Eiszeit zu. All dies ist noch verhinderbar. Die Kettenreaktion wurde noch nicht komplett angestoßen, aber wir müssen jetzt die Notbremse ziehen. Ist das unseren mächtigen Repräsentanten nicht klar? Wie kommt es, dass Leute, die ganze Staaten lenken, diese durchaus reale Gefahr nicht erkennen? Die Antwort darauf ist simpel: Es ist eben ein Problem für ein anderes Mal. Wir haben ja noch Zeit. So schlimm ist es ja nicht. Der Klimawandel ist ja eh nicht real.

Und hier kommen wir ins Spiel, denn für uns ist der Klimawandel durchaus real. Wir werden den Rest unseres Lebens mit den Konsequenzen der Handlungen anderer Leben müssen. Sollte unsere Meinung, unsere Stimme also nicht gehört werden? Haben unsere Forderungen nach einer Zukunft denn kein Gewicht? Fakt ist: Jugendliche, Schüler, Auszubildende, wir dürfen zu einem großen Teil noch nicht einmal wählen, weil unser Wahlrecht eine Einbringung der Meinung von Jugendlichen ebenfalls nicht vorsieht. Was ist unsere aber Bildung wert, wenn nichts mehr übrig ist? Was habe ich davon, das Volumen eines Oktaeders ins Verhältnis mit dem einer Kugel setzten zu können, wenn das Klima sich verschlimmert und jeden Tag ca. 200 Arten sterben? Wie weit werden mich die Analysen von Goethes Gedichten und Dramen bringen? Wozu muss ich alle wichtigen Daten des heiligen römischen Reiches deutscher Nation auswendig können? Obwohl Erwachsene gegen diese Demonstrationen protestieren und unsere Bildung so hoch schätzen, dürfen und können wir sie nicht anwenden? Wir werden nicht gehört. Unsere Forderungen werden ignoriert, unsere Meinung unter die Räder geschmissen und unsere Zukunft in Abgasen erstickt.

Hier und heute können wir uns eine Stimme verschaffen.

Frau Merkel hat auf einer Sicherheitskonferenz dieses Jahr zum Thema Fridays for Future gesagt: „In Deutschland protestieren jetzt die Kinder für den Klimaschutz. Das ist ein wirklich wichtiges Anliegen. Aber dass plötzlich alle deutschen Kinder – nach Jahren ohne jeden äußeren Einfluss – auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen muss, das kann man sich auch nicht vorstellen!“

In einem Punkt hat sie Recht, es ist ein wirklich wichtiges Anliegen. Und ja, man muss diesen Protest machen. Wer wird denn sonst etwas ändern und zwar jetzt? Die Zögerlichkeit gegenüber Demonstrationen während der Schulzeit ist ja irgendwo verständlich. Die Schüler könnten sie ja nur ausnutzen um Schule zu schwänzen ohne für die tatsächliche Agenda zu stehen. Aber, let‘s be real: Schwänzen geht auch ohne Demo.

Für viele Erwachsene, ob Eltern, Lehrer oder Großeltern, ist unser Klima und unsere Erde in ihrem momentanen Zustand selbstverständlich. Die Veränderungen die schon stattgefunden haben, werden nicht wahrgenommen. Umweltverschmutzung, Co-2-Ausstoß und das Schmelzen der Arktis, sind keine realen, aktuellen Probleme. Trotzdem ist der Klimawandel letztendlich weniger ein Wandel, als eine Krise, wie Greta Thunberg es passend bezeichnet, und wie die Veränderungen in unserem Klima auch gesehen werden sollten.

Ich widerspreche Frau Merkel also. Artikel 1 aus unserem Grundgesetz besagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Was ist mit unserer Würde? Mit unserem Recht auf eine Zukunft? Mit unserem Recht auf ein Leben? Mit uns, meine ich nicht nur die hier anwesenden. Ich spreche von Jugendlichen aus der ganzen Welt, denn wir werden alle betroffen sein!

Diese Krise geht uns, den jüngsten Teil der Bevölkerung, mehr als alle anderen an. Wir werden den Rest unseres Lebens mit den Konsequenzen leben und kämpfen müssen. Für uns ist er nicht nur eiskalte Realität, sondern auch die unvermeidliche Zukunft. Ein kurzer Vorausblick:

In 10 Jahren: Ich werde 27 Jahre alt sein, vielleicht schon mitten in der Familienplanung, währenddessen: das Frühjahr beginnt schon im Januar, die nächste Kälteperiode steht vor der Tür, mehr als die Häfte des Regenwaldes wurde bereits abgeholzt, obwohl der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß sich bis dahin voraussichtlich verdoppelt hat.

In 30 Jahren: Ich werde bald 50. Extreme Wetterlagen wie Taifune und Sturmfluten werden immer häufiger. Ungefähr 200 Millionen Klimaflüchtlinge werden versuchen durch Flucht ihr Leben vor Hunger, Dürren und Überflutungen zu retten.

Schließlich in 80 Jahren: Im Jahr 2099 werde ich 98 Jahre alt sein. Dürren und Hitzewellen betreffen Deutschland genauso wie den Rest der Welt. Länder die vom El-Nino-Phänomen betroffen sind, kämpfen um ihr Überleben. Meine Urenkel werden sehr viel Glück haben müssen, um in den Alpen noch einen tatsächlichen Gletscher zu sehen.

Wie kann jemand also behaupten, wir sollten uns nicht einmischen? Wir haben jedes Recht uns einzumischen!

Die Politik hat uns im Stich gelassen und uns ausgeliefert. Wir müssen uns einmischen. Wir müssen uns diese Stimme verschaffen um wahrgenommen zu werden. Wir müssen jetzt was unternehmen und uns als Gesellschaft, als Volk und als einzelne Person verändern, bevor es unser Klima unwiderruflich tut.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.


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Die folgenden Bilder der Demonstration hat Arthur Hoch gemacht.













 


   
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