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Offener Brief von Seebrücke Augsburg und dem Augsburger Flüchtlingsrat an den OberbürgermeisterSichere Hafenstadt AugsburgWahrscheinlich vergeblich versucht die Stadt einen Auftritt bei der Friedenstafel zu verhindernPeter Feininger 7.8.2019 Die Seebrücke Augsburg und weitere Organisationen haben sich in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Kurt Gribl und den Stadtrat gewandt, Augsburg zur sicheren Hafenstadt zu erklären. Damit sollen Flüchtlinge, die aus Seenot gerettet werden, aufgenommen werden. Ein Antrag der Seebrücke, morgen am 8. August, einen Redebeitrag auf der Friedenstafel halten zu können, wurde abgelehnt. Schon vor einem Jahr beim Friedensfest hatte der Augsburger Flüchtlingsrat die Forderung „Augsburg wird Hafenstadt“ aufgetischt und mit der überraschenden Rede des Kapitäns der Lifeline, Claus-Peter Reisch, ein beeindruckendes Zeichen der Humanität gesetzt ( 1 ). Die Stadtverwaltung reagierte verärgert und wollte dem für die Friedenstafel zuständigen Friedensbüro ein Politikverbot verordnen. Schon ein Jahr zuvor musste der Kulturbeirat den Oberbürgermeister in die Schranken weisen und jegliche politische Einflussnahme von Seiten des OB auf das Rahmenprogramm zum Friedensfest ablehnen. Die Ablehnung des Redebeitrags der Seebrücke beim morgigen Friedensfest durch die Stadtverwaltung ist ein echter Skandal und ein Tiefschlag gegen das Friedensbüro und das Friedensfest selbst. Der Oberbürgermeister, inzwischen scheinbar ein getreuer Gefolgsmann von Bundesinnenminister Seehofer, scheint außer Rand und Band. Es ist auch ein Affront gegenüber der Evangelischen Kirche als maßgeblicher Trägerin des Augsburger Friedensfestes. Schon vergangenes Jahr sagte uns die Stadtdekanin: Sie habe bereits bei der Friedenstafel mit Frau Bürgermeisterin Weber, mit Herrn Weitzel und Frau Seidel gesprochen. Dabei habe sie „sehr intensiv darauf hingewiesen, dass man von der Friedenstafel gerade nicht die Themen fernhalten kann, die die Menschen beschäftigen und die Seenotrettung im Mittelmeer gehört bestimmt dazu.“ Im Oktober lehnte der Stadtrat einen von der SPD gestellten Antrag ab, sich an einer Initiative mehrerer anderer deutscher Städte zu beteiligen, die angeboten haben, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen. Die Grünen machen jetzt mobil und fordern: „Friedensresolution endlich verabschieden. Augsburg muss ‚Sicherer Hafen‘ werden.“ Sie fordern wie die Initiativen, demonstrativ mit orangen Warnwesten zur Friedenstafel zu kommen. Miriam Zissler von der Augsburger Allgemeinen schreibt einen wohlwollenden, ausführlichen Artikel, der alle Umstände noch einmal behandelt ( 2 ). Ob sich die SPD allerdings aus der Deckung traut, ist fraglich. Immerhin ist ihr Spitzenkandidat zur Kommunalwahl und Ordnungsreferent Dirk Wurm eher ein Hardliner in der Flüchtlingsfrage. Jedenfalls gehört die Ausländerbehörde zu seinem Referatsbereich und hatte vor nur wenigen Wochen wieder eine brutale Abschiebemaßnahme mitzuverantworten ( 3 ). Im folgenden nun zunächst der Offene Brief von Seebrücke Augsburg und Flüchtlingsrat, anschließend die Pressemitteilung. Offener Brief von Seebrücke Augsburg und dem Augsburger Flüchtlingsrat: Sichere Hafenstadt AugsburgAugsburg, den 05.08.2019 Nah am Wasser gebaut? Die Friedens- und Wasserstadt Augsburg soll sicherer Hafen werden!Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte aller Parteien, es ist eine unerträgliche Schande, dass tausende Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrinken. Die Arbeit von zivilen Seenotrettungsorganisationen wird systematisch verhindert und die Retterinnen und Retter sogar kriminalisiert. Eine EU-Seenotrettung findet nicht mehr statt. Stattdessen soll Seenotrettung, wenn man davon sprechen kann, von der sogenannten libyschen Küstenwache übernommen werden, obwohl seit geraumer Zeit bekannt ist, dass nach Libyen zurückgebrachte Menschen systematisch Folter, Versklavung und Gewalt ausgesetzt sind. Dies widerspricht jeglicher Humanität und auch dem internationalen Seerecht. Sicher sind die Häfen Libyens derzeit keinesfalls. Kein Mensch, der aus Seenot gerettet wurde, darf dorthin zurück gebracht werden. Mehr als 80 Städte und Landkreise in Deutschland haben sich bereits der Initiative „Städte sicherer Häfen“ angeschlossen und damit ihre Bereitschaft gezeigt, Flüchtlinge über die Verteilungsquote hinaus aufzunehmen sowie ein grundsätzliches Umsteuern in der Flüchtlingspolitik von der Bundesregierung zu fordern. Vor kurzem, am 18.07.2019, hat auch der Sozialausschuss im Münchner Stadtrat aus diesen Gründen einstimmig beschlossen, dass sich die bayerische Landeshauptstadt der Initiative anschließt. Wir appellieren an Sie, dass sich auch Augsburg anlässlich des Augsburger Hohen Friedensfests solidarisch mit den in Seenot geratenen Menschen aus den Krisen- und Kriegsregionen dieser Welt zeigt. Lassen Sie uns am 8. August ein Zeichen von friedlicher Solidarität setzen: Die Wasser- und Friedensstadt Augsburg soll auch zur sicheren Hafenstadt werden! Konkret bedeutet dies: 1. Augsburg tritt dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ bei. 2. Wir bitten Sie, Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl, und den Stadtrat der Stadt Augsburg, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern einer europäischen Hafenstadt im Mittelmeer logistische und organisatorische Hilfe durch die Friedensstadt Augsburg bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen anzubieten. 3. Wir bitten Sie, Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl, ein Schreiben an das Bundesaußenministerium zu senden, in dem die Friedensstadt Augsburg die Wichtigkeit einer funktionierenden Seenotrettung für Flüchtlinge im Mittelmeer betont, sich für eine Intensivierung der europäischen Seenotrettung engagiert und sich für die Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung von Frau Carola Rackete und anderen Seenotretterinnen und -rettern einsetzt. Eine solche Erklärung und die aktive Hilfe von Stadt zu Stadt aus Anlass des Friedensfestes wäre ein mutiger und richtiger Schritt hin zu einer solidarischen Flüchtlings- und Migrationspolitik. Eine solche Erklärung würde den Wert des Friedensfestes für die Stadt Augsburg verdeutlichen. Augsburg steht am Wasser! Lassen Sie uns Hafenstadt werden! Wir bitten Sie also: Bringen Sie auf den Weg, dass Augsburg ein sicherer Hafen für Geflüchtete wird. Mit freundlichen Grüßen Seebrücke Augsburg Augsburger Flüchtlingsrat Amnesty International Augsburg Tür an Tür - miteinander wohnen und leben e.V. AG Mutual GEW Augsburg SOLWODI Augsburg Helferkreis der Barfüßerkirche Bert Brecht Kreis Augsburg e.V. Augsburg Postkolonial – Decolonize Yourself Jüdisches Museum Augsburg Schwaben Grandhotel Cosmopolis Helferkreis Asyl Haunstetten AK Asyl Kriegshaber Junges Theater Augsburg Lesebühne "Dichtung und Fortschritt" am Staatstheater Augsburg Freundschaftskreis Augsburger Flüchtlingsrat e.V. Frauen*streik Komitee Augsburg duophonic GmbH Fridays for Future Augsburg Antifaschistische Jugend Augsburg Netzwerk Solidarische Stadt Augsburg Eltern für Afrika e.V. Seebrücke München RESQSHIP e.V. Seebrücke Passau DGB-Jugend Augsburg bujaa - Bündnis junger AntirassistInnen Auxburg Helferkreis Asyl Hochfeld Searchwing Augsbur Stadtjugendring Augsburg
Gemeinsame Pressemitteilung mit Seebrücke Augsburg, 05.08.2019Offener Brief an OB Gribl und Stadtrat zur Friedenstafel: Augsburg soll sicherer HafenwerdenAnlässlich des Hohen Friedensfestes haben der Augsburger Flüchtlingsrat und die Seebrücke Augsburg einen offenen Brief an Oberbürgermeister Kurt Gribl und die Stadträte aller Fraktionen geschrieben, in dem sie fordern, dass die Stadt Augsburg sich dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ anschließt und damit ihre Bereitschaft zeigt, Flüchtlinge, die aus Seenot gerettet werden, über die Verteilungsquote hinaus aufzunehmen. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, bei der Friedenstafel am 8. August auf dem Rathausplatz ein Zeichen von friedlicher Solidarität zu setzen. Im vergangenen Jahr sorgte eine gemeinsame Aktion von Bluespots Productions und dem Flüchtlingsrat für Aufsehen: In seinem Überraschungsauftritt äußerte sich Claus-Peter Reisch, Kapitän der Lifeline, zum Thema Seenotrettung. Die Gäste der Friedenstafel lauschten den Ausführungen des Kapitäns zwar sehr interessiert, doch die Stadtspitze war verärgert. Die Situation im Mittelmeer hat sich seitdem jedoch verschlimmert: Das Mittelmeer ist zur tödlichsten Fluchtroute geworden. Allein in diesem Jahr sind bereits mindestens 800 Menschen ertrunken, die Dunkelziffer ist weit höher. Eine EU-Seenotrettung findet nicht mehr statt, und zivile Seenotrettungsorganisationen werden systematisch am Retten gehindert und sogar kriminalisiert. Italiens Innenminister lässt Schiffe mit Flüchtlingen nicht mehr in die Häfen einlaufen, solange es keine konkreten Zusagen von anderen Staaten gibt, die Geretteten aufzunehmen. In Deutschland gibt es bereits mehr als 80 Kommunen, die bereit wären, diese aus Seenot geretteten Flüchtlinge aufzunehmen, aber Innenminister Seehofer blockiert dies, indem er auf eine europäische Lösung pocht. Doch der Druck auf ihn wird immer größer, je mehr Städte ein Zeichen der Solidarität setzen und sich zum sicheren Hafen erklären. Augsburg muss sicherer Hafen werden Genau dieses Zeichen, nämlich dass die Friedens- und Wasserstadt Augsburg – die Stadt, die Seehofer zum Ehrenbürger gemacht hat – sich auch zum sicheren Hafen erklärt, fordern die Seebrücke Augsburg, der Augsburger Flüchtlingsrat und 26 weitere Organisationen, die den offenen Brief an Gribl und den Stadtrat ebenfalls unterzeichnet haben, von der Stadtspitze. Der Antrag der SPD vom letzten Jahr, der das gleiche Ziel verfolgte, wurde vom Stadtrat im Oktober 2018 zwar abgelehnt – unter anderem mit der Begründung, dass der Antrag zeitlich und inhaltlich zu nahe an der Reisch-Aktion auf der Friedenstafel gestellt worden war. Doch auch München hat sich vor kurzem zum sicheren Hafen erklärt, obwohl dies im ersten Anlauf im Januar noch abgelehnt wurde. Denn Ende Juni hat sich mit dem Fall Carola Rackete und der Sea-Watch 3 die Situation grundlegend geändert: Nicht nur Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Außenminister Heiko Maas und der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm haben sich öffentlich für Seenotrettung eingesetzt – auch eine deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung steht hinter der privaten Seenotrettung im Mittelmeer, wie eine Umfrage des ARD-Deutschlandtrends Anfang Juli ergeben hat. Die Seebrücke Augsburg ist seit letztem Herbst in Gesprächen mit den verschiedenen Stadtratsfraktionen und auch mit OB Gribl. Sie hat ihm im Februar ihr Konzept für eine sichere Hafenstadt vorgestellt. Dass auch ein Großteil der Augsburger Bürger hinter dem Anliegen steht, zeigt die große Beteiligung an einer Postkartenaktion, die die Seebrücke in den letzten Wochen bei Infoständen und Veranstaltungen verbreitet hat. Mehrere hundert Postkarten dürfte OB Gribl inzwischen dazu erhalten haben. „Gerne wären wir auch mit einem Redebeitrag auf der Friedenstafel dabei gewesen, aber unser Antrag wurde leider abgelehnt“, sagt Andrea Finkel von der Seebrücke. „Daher rufen wir nun alle Menschen, die am 8. August an der Friedenstafel teilnehmen, auf, in Orange – der Farbe der Seebrücke – zu kommen, als Zeichen der Solidarität für Seenotrettung.“ Weitere Informationen: Andrea Finkel, Seebrücke Augsburg, Tel. 0162-5954023 Augsburger Flüchtlingsrat: fluechtlingsrataugsburg@gmail.com
1 Peter Feininger. „Augsburger Friedenstafel am 8. August: Ein großartiges Zeichen der Humanität für das Überleben der Flüchtlinge im Mittelmeer. Die Bürgermeisterin: ‚Die Aktion war nicht in Ordnung‘“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 13. August 2018. www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/180813_augsburger-friedensfest-2018-sichere-hafenstadt-seenotrettung-kapitaen-reisch/index.htm . 2 Zissler, Miriam. „Flüchtlinge: Augsburg soll sich in Seenotrettung engagieren“. Augsburger Allgemeine, 6. August 2019. https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Fluechtlinge-Augsburg-soll-sich-in-Seenotrettung-engagieren-id55115996.html . 3 „Gut integrierter Jugendlicher abgeschoben! Pressemitteilung des Augsburger Flüchtlingsrat“. Augsburger Flüchtlingsrat (blog), 19. Juli 2019. https://augsburgerfluechtlingsrat.blogspot.com/2019/07/flura-pressemitteilung-19072019-gut.html .
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