Die Flagge von Mayors for Peace wird gehisst

Enttäuschende Rede von Martina Wild in Vertretung der Oberbürgermeisterin

In einer Pressemitteilung formuliert die Stadt überraschend ihren Willen, dass auch Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt. Martina Wild greift dies in ihrer Rede nicht auf.
 

Wir schrieben bereits im Vorfeld des Flaggentags am 8. Juli über das geplante Event ( 1 ). Den folgenden Bericht verfassten wir am Tag danach. Der Leser möge die späte Veröffentlichung entschuldigen. Es scheint uns aber wichtig, die Sache zu thematisieren, auch im Zusammenhang mit dem Augsburger Friedensfest, das am 8. August zu Ende ging. Denn Mayors for Peace spielte auf diesem Friedensfest und im dazugehörigen Kulturprogramm im Unterschied zu den Vorjahren leider keinerlei Rolle mehr.

In der Augsburger Stadtverwaltung geschehen erklärungsbedürftige Dinge. So wurde am 8. Juli tatsächlich auf dem Rathausplatz die Flagge von Mayors for Peace gehisst. Damit beteiligt e sich Augsburg am Flaggentag zur Abschaffung der atomaren Massenvernichtungswaffen, den die Lead City Hannover vor 10 Jahren eingeführt hatte, um der Forderung des weltweiten Bündnisses der Bürgermeister*innen für den Frieden Nachdruck zu verleihen.

Bürgermeisterin Martina Wild, die in Vertretung der Oberbürgermeisterin die Rede hielt, wird schon in der Pressemitteilung der Stadt vom 6. Juli mit der Aussage zitiert:

„‚Wir wollen heute ein sichtbares Zeichen gegen nukleare Massenvernichtungswaffen setzen. Noch immer verfügen die Atommächte über schätzungsweise mehr als 13.000 Atomwaffen. Nuklearwaffenarsenale werden modernisiert, mehr Waffen als bisher werden einsatzbereit gehalten. Diese Bedrohung muss ein Ende finden. Deshalb setzen wir uns am Flaggentag für die Abschaffung der Atomwaffen ein. Wir wollen, dass auch Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt. Auf dem Weg dorthin sollte Deutschland als Beobachter an der ersten Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag Anfang 2022 teilnehmen‘, so Bürgermeisterin Martina Wild.“

Der grünen Bürgermeisterin wurde also schon vorab von der Presseabteilung der Stadt beziehungsweise dem Direktorium 3 im Oberbürgermeisterreferat in den Mund gelegt: „Wir wollen, dass auch Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt.“ Das Unfassbare dabei ist zunächst, dass das Direktorium 3 zum Flaggentag eine Pressemitteilung herausgibt mit einer Forderung, die laut Oberbürgermeisterin Weber seit der Sitzung des Hauptausschusses des Stadtrats im Januar einem kommunalen Gremium nicht zusteht. Eva Weber und eine Mehrheit im Hauptausschuss unterdrückten damals eine Beschlussfassung, die einen Appell an die Bundesregierung unterstützen wollte, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Das nicht näher begründete Argument war, die Erörterung von außenpolitischen Zielen stünde der kommunalen Ebene nicht zu. ( 2 )

Gegen das skandalöse Vorgehen der Oberbürgermeisterin im Hauptausschuss des Stadtrats im Januar protestierten unmittelbar danach die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Verena von Mutius-Bartholy, und auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.

Verena von Mutius äußerte damals auf der Facebookseite der Grünen ( 3 ): „Abrüstung, speziell von Atomwaffen, ist für uns Grüne ein großes Anliegen, eine Gewissensfrage. Deswegen hat unsere Fraktion gegen die Absetzung des ICAN-Appells von der Tagesordnung des Hauptausschusses gestimmt. Wir sind bereit, einen Impuls aus der Friedensstadt Augsburg an die Bundesregierung zu senden, dem UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen endlich beizutreten.“

Claudia Roth gab sofort eine Pressemitteilung heraus, in der sie unter anderem sagte ( 4 ):

„Es ist den Zielen und Werten unserer Friedensstadt Augsburg unwürdig, wenn es nicht gelingt, im höchsten kommunalen Gremium der Stadt Augsburg den ICAN-Städteappell zu unterstützten. Unabhängig von Parteizugehörigkeiten haben weit über einhundert andere Städte und Landkreise dieses wichtige Zeichen für die Abschaffung von Atomwaffen beschlossen.

ICAN hat für ihr Engagement für eine atomwaffenfreie Welt den Friedensnobelpreis 2017 gewonnen. Wer, wenn nicht die Friedensstadt Augsburg, sollte dieses Engagement unterstützen? Ich appelliere an die Mitglieder der Augsburger Stadtratsfraktionen und an den Augsburger Parteivorsitzenden der CSU, ihren Widerstand gegen einen Stadtratsbeschluss zur ICAN-Erklärung aufzugeben. Die überwältigende Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen lehnt Massenvernichtungswaffen ab. Atomwaffen sind eine besonders bedrohliche Form von Massenvernichtungswaffen, von denen insbesondere die Städte betroffen sind, sind sie doch im Ernstfall die primären Ziele eines atomaren Angriffs. Auch daher sollte es die Aufgabe der Städte sein, die Bundesregierung aufzufordern, dem Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beizutreten und an die humanitären Folgen des Einsatzes von Atomwaffen für ihre Bürger*innen zu erinnern.“

Insofern ist die Pressemitteilung der Stadt Augsburg vom 6. Juli mit der Forderung, auch Deutschland solle dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten ( 5 ), für Augsburger Verhältnisse bahnbrechend und im Grunde eine Revision der Entscheidung des Hauptausschusses des Stadtrats und eine glatte Revision der seitdem geltenden Position der Oberbürgermeisterin.

Eigentlich hätte die grüne Bürgermeisterin Martina Wild, die die Oberbürgermeisterin beim Hissen der Flagge von Mayors for Peace vertreten sollte, nach dieser Pressemitteilung Juhu schreien müssen. Und nun geschah das zweite Unfassbare. Martina Wild hielt am 8. Juli eine Rede, in der sie die Forderung an die Bundesregierung nach Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag einfach wegließ. (Siehe Anhang 1 am Ende dieses Artikels)

Dabei hätte sie es so einfach gehabt, sie hätte sich nur selbst aus der Pressemitteilung der Stadt zitieren müssen. Aber nein, sie drückte sich und fiel damit ihrer Bundestagsfraktion und Claudia Roth in den Rücken wie auch ihrer eigenen Fraktion im Augsburger Stadtrat. Und dafür bekam sie dann auch noch von einem kleinen Publikum auf dem Rathausplatz, zu dem auch Vertreter der Augsburger Friedensinitiative zählten, Beifall.

Auch die Lead City Hannover der Mayors for Peace weiß, dass ein Beitritt der Bundesregierung zum Atomwaffenverbotsvertrag der UNO momentan nicht durchsetzbar ist. A uf der Bundesmitgliederversammlung von Mayors for Peace im April nahm auch ein Vertreter des Auswärtigen Amtes teil. Wolfgang Schlupp-Hauck fasste die zentrale Aussage dieses Herrn auf der Mitgliederversammlung so zusammen: „Deutschland hält an der nu k learen Teilhabe fest und lehnt damit den Atomwaffenverbotsvertrag ab“.

Deshalb bemühen sich die deutschen Vertreter von Mayors for Peace, einen politischen Weg zum Beitritt der Bundesregierung zu finden. Deshalb fordern sie: „Auf dem Weg dorthin sollte Deutschland als Beobachter an der ersten Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag Anfang 2022 teilnehmen“. Laut Pressemitteilung der Stadt Augsburg vom 6. Juli hat auch Martina Wild diese Formulierung übernommen.

Auch diese Forderung ließ Martina Wild in ihrer Rede weg. Daraus kann man eigentlich nur schließen, dass die 2. Oberbürgermeisterin nicht daran interessiert ist, dass sich die Bundesregierung dem Atomwaffenverbotsvertrag anschließt oder sich zumindest in diese Richtung bewegt.

Dieses erbärmliche Desinteresse der Grünen-Politikerin ist gepaart mit einer schlimmen Ahnungslosigkeit. So bezeichnete sie in ihrer Rede das weltweite Städtebündnis Mayors for Peace mehrfach als „Mayors of Peace“. May o rs of Peace wären Bürgermeister_innen des Friedens. Das heißt, sie und ihre Städte befinden sich bereits in einem Zustand des Friedens oder repräsentieren Frieden, der schon geregelt ist. Mayors for Peace drückt dagegen ein Ziel aus, für das zu kämpfen ist. Das scheint Martina Wild nicht so zu liegen, daher lieber „May o rs of Peace“.

Wir wollen noch auf einen Punkt hinweisen, den wir aus einem Gespräch mit Vertretern der Stadtverwaltung am Rande der Flaggenveranstaltung am 8. Juli entnehmen konnten. Man scheint nach unserem Eindruck im Direktorium 3 – wenn überhaupt – auf einen Beobachterstatus Deutschlands bei der 1. Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag Anfang 2022 zu orientieren. Darum ginge es jetzt – wenn überhaupt – vorrangig. Das heißt, die Forderung, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag b eitritt, stünde jetzt gar nicht an und werde auch so von Mayors for Peace nicht gestellt.

Damit löst aber das Direktorium 3, das dem Referat Oberbürgermeister von Eva Weber angehört, das Problem nicht. Denn Eva Weber hat mit ihrer Position im Hauptausschuss des Stadtrats im Januar nicht den politischen Weg aufgeworfen oder infrage gestellt, ob und wie man zu einem Beitritt der Bundesregierung zum Atomwaffenverbotsvertrag kommt. Sondern sie untersagt e dem Stadtrat als kommunalen Gremium generell, sich mit solchen Fragen zu befassen und dann entsprechend an die Bundesregierung zu appellieren. Eva Weber spricht also dem Stadtrat generell, wie es die soziale f raktion formuliert hat, die Befassungskompetenz ab.

Ob das Direktorium 3 zurzeit versucht, aus diesem unhaltbaren Dilemma herauszukommen, ohne dass die Oberbürgermeisterin ihr Gesicht verliert, wissen wir nicht. Was wir aber feststellen können, ist, dass die Pressemitteilung der Stadt der Position der Oberbürgermeisterin diametral widerspricht und die 2. Bürgermeisterin diesen Widerspruch wieder zu verwischen sucht.

Festhalten wollen wir noch, dass es der Verwaltung im Zusammenspiel mit den Medien gelungen ist, das Hissen der Flagge auf dem Rathausplatz so unauffällig wie möglich zu organisieren – ohne jegliche öffentliche Resonanz. Das geht schon damit los, dass das Friedensbüro der Stadt die Veranstaltung gar nicht in ihren Terminkalender aufgenommen hat. Dass die Augsburger Allgemeine nicht berichtet, war zu erwarten. Das Thema Mayors for Peace, vor allem das Hissen der Flagge – also das einzige Mal im Jahr, wo sich die Stadt öffentlich zu dieser Mitgliedschaft bekennt und die Ziele von Mayors for Peace bekräftigt –, ist für die Augsburger Allgemeine absolutes Tabu.

Man muss vermuten, dass dies von eine m der mächtigsten Rüstungskonzerne Europas, Airbus, veranlasst wird. Denn dieser Konzern, der in Augsburg vor allem mit der 100-prozentigen Tochter Premium Aerotec vertreten ist, ist über Tochtergesellschaften und Beteiligungen am französischen Atomwaffenprogramm und am Bau des deutschen Nuklearbombers beteiligt. Noch schlimmer, dieser Nuklearbomber wird in Augsburg ganz wesentlich produziert. Da passt natürlich Mayors for Peace wie die Faust aufs Auge, die Abschaffung der Atomwaffen wäre einfach geschäftsschädigend. Und inzwischen ist es ja dem Augsburger Medienkonzern, zu dem auch die Augsburger Allgemeine zählt, gelungen, die Stadtzeitung zu übernehmen, die früher in Augsburger Militärfragen oft wohltuend ungezwungen berichtet hat. Das heißt, dass auch die Stadtzeitung inzwischen gleichgeschaltet ist und über die Angelegenheiten des militärisch-industriellen Komplexes in Augsburg schweigt.

Somit ist die Flagge von Mayors for Peace in den mächtigen Wirtschaftskreisen Augsburgs eigentlich tabu und die Medien richten sich danach.

Martina Wild schwärmt in ihrer Rede: „In diesem Jahr begehen wir diesen Tag zum ersten Mal auf dem Rathausplatz. Das ist mehr als nur ein Ortswechsel: Wir unterstreichen damit das gemeinsame Friedensanliegen und holen es mit den Flaggen der ‚Bürgermeister für den Frieden‘ sichtbar an den zentralen Ort unserer Stadt, hierher vor unseren zentralen demokratischen Ort, unser Rathaus.“ Wie „demokratisch“ dieser Ort tatsächlich ist, konnte man ja auf der Sitzung des Hauptausschusses des Stadtrats im Januar erfahren.

Tatsächlich war die Aktion zum Hissen der Flagge öffentlich kaum sichtbar hinter dem Riesenkarussell und dem Brunnen Richtung Steingasse versteckt. Und die Stadt wollte das auch gar nicht anders, Sonst hätte sie ja ihre eigene Pressefotograf i n schicken können und die Aktion und die Flagge in einer Pressemitteilung veröffentlichen können. Dies tut die Stadt wohlweislich nicht und hat sie auch noch niemals getan. Den militärisch-industriellen Komplex reizt man besser nicht.

Der wöchentlich erscheinende Newsletter für Bürgerinnen und Bürger der Redaktion Augsburg, Hauptabteilung Kommunikation der Stadt, vom 9. Juli enthält keine Meldung über die Flagge am Rathausplatz. Auch der sehr ausführliche Telegram-Kanal der Stadt bringt nichts zum Flaggentag. Natürlich auch nicht die Webseiten der Linken oder der Grünen in Augsburg. Auch der Newsletter des Friedensbüros der Stadt Augsburg, Ausgabe 04/2021 brachte nichts zu Mayors for Peace oder de m Hissen der Flagge, obwohl die se zur dieser Z eit über dem Rathausplatz wehte – sie hing bis 21. Juli, wie wir in Erfahrung bringen konnten. Es ist aber eigentlich auch egal, wie lange die kleine Flagge ziemlich hoch am Rande des Rathausplatzes schwebt. Denn mehr als weiß-grün kann man von unten kaum erkennen und da ja niemand weiß, welche Bedeutung die Flagge hat, können die Augsburger Militaristen beruhigt ihren tödlichen Geschäften nachgehen.

Frappierend ist aber schon, dass die Flagge genau am 21. Juli, an dem das Kulturprogramm der Stadt zum Friedensfest offiziell begann, wieder heruntergeholt wurde. Wir haben den Verdacht, dass die Flagge von Mayors for Peace gezielt aus dem Friedensfest der Stadt entfernt wurde.

Für das Augsburger Friedensbüro ist also Mayors for Peace kein Thema (mehr), obwohl die Leiterin Christiane Lembert-Dobler auf der letzten Bundesmitgliederversammlung im April noch einen langen PowerPoint-Vortrag gehalten hat, was in Augsburg alles Tolles zum Frieden läuft. Unter Beifall hat sie die Lage in Augsburg beschönigt und den Frontalangriff der Oberbürgermeisterin auf die Solidarität mit den Unterzeichnerstädten des ICAN-Appells verschwiegen. 127 Städte und Gemeinden haben sich dem Appell bisher angeschlossen, wie ICAN Deutschland berichtet ( 6 ). Darunter sind beispielsweise auch München, unterzeichnet durch Oberbürgermeister Dieter Reiter, Nürnberg, Fürth und Erlangen durch Ratsbeschluss, ebenso Aschaffenburg, Offenbach, Würzburg, Bamberg, Dachau und Herzogenaurach.

Auch das gesamte Kulturprogramm der Stadt zum Augsburger Hohen Friedensfest mit 156 Seiten enthielt zwar 13 mal das Wort Peace aber kein einziges Mal das Wort Mayors for Peace. Das Friedensbüro und die Grünen demonstrierten mit diesem Kulturprogramm mit vollendeter Perfektion, wie man Peace vorgaukeln kann und gleichzeitig alles, was wichtig wäre für einen wirklichen Frieden, wegdrücken kann. ( 7 ) Es gab im Kulturprogramm zum Friedensfest vielleicht zwei, drei Veranstaltungen, die man überhaupt politisch nennen kann. Eine davon nannte sich »No more Morias« – Lesbos, wo Menschenwürde mit Füßen getreten wird . Eine fand im Grandhotel Cosmopolis statt und nannte sich Welcome to your Lobby – Careful Networking for radical change und bezog sich auf eine Reihe von großen Protestaktionen in der Stadt, die aus der Zivilgesellschaft kamen und auf eine „solidarische, nachhaltige und faire Stadt der Vielen“ zielten.

Bisher wurde das Hissen der Flagge immer auf ein Event im städtischen Programm zum Friedensfest gelegt und erhielt dadurch wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Das schien die Augsburger und die bayerische Atomwaffenwaffen- und Atombomber-Lobby enorm zu stören. Die CSU betrachtet infolge dessen die Mitgliedschaft der Stadt bei Mayors for Peace wohl inzwischen als störend beim „Hohen Friedensfest“. Das erstmalige frühzeitige Hissen der Flagge von Mayors for Peace am regulären Flaggentag am 8. Juli scheint also auch den Zweck gehabt zu haben, das Thema Mayors for Peace aus dem städtischen Kulturprogramm zum Friedensfest herauszuhalten. Und dieser Strategie folgte das städtische Friedensbüro mit seinem Kulturprogramm konsequent.

Damit konnte die Stadt nach Hannover melden, dass der Flaggentag in Augsburg am 8. Juli, wie gewünscht, erfolgreich begangen wurde. Gleichzeitig aber hat die Stadtverwaltung damit die Öffentlichkeit für das Hissen der Flagge auf null reduziert. Bürgermeisterin Martina Wild gibt sich mit strahlender Miene für diese Strategie her. Im Grunde hat man mit der lächerlichen Aktion am hinteren Ende des Rathausplatzes, die niemand mitbekommen hat, auch die Kirchen ausgeschaltet und damit dem Hissen der Flagge während des Friedensfestes das eigentliche politische Gewicht genommen.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche war am 8. Juli überhaupt nicht vertreten, die römisch-katholische Kirche nur durch Außenseiter wie Pax Christi. Vom Runden Tisch der Religionen war nur Wolfgang Kraus vertreten, der dort die Freikirchen vertritt, die in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) vertreten sind.

Gesehen wurde aber Ulrike Bahr von der SPD, die ja in Militärfragen oft in deutlicher Opposition zu ihrer Bundestagsfraktion steht. Im Juli 2020 forderte sie in einer Pressemitteilung die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags, stellte sich gegen die nukleare Teilhabe und lehnte die Beschaffung neuer Atombomber ab ( 8 ). Im Januar 2021 begrüßte Ulrike Bahr ausdrücklich das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages ( 9 ).

Nicht gesehen wurde Die Linke des Augsburger Stadtrats. Die beiden Stadträt_innen fehlten ebenso wie die gesamte soziale Fraktion.

Wie man Google News entnehmen kann, zierte man sich anderswo nicht so. Und auch die Medien berichteten artig, w ie zum Beispiel Der Neue Wiesenbote über Erlangen „‚Mayors for Peace‘-Flagge weht wieder“ ( 10 ). Oder BR24 über die Aktionen in Landshut und Passau ( 11 ). Bei BR24 h ieß es: „In diesem Jahr steht der im Januar in Kraft getretene Atomwaffenverbotsvertrag im Fokus des Flaggentages. Die Atommächte haben den Vertrag nicht unterzeichnet und auch Deutschland ist dem Verbotsvertrag bislang nicht beigetreten. Weltweit appellieren die ‚Mayors for Peace‘ daher an ihre jeweiligen Staaten, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen, so auch in Deutschland an diesem Flaggentag.“

Der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König, früher Vorsitzender der CSU-Fraktion im Stadtrat, erklärt im Gegensatz zu Eva Weber u nd ihrer Augsburger CSU-Fraktion ( 12 ) : „Noch immer ist unsere Zukunft bedroht von schätzungsweise 13.080 Atomwaffen. Das ist nicht hinnehmbar. Daher zeigen wir heute Flagge gegen diese grausamen Massenvernichtungswaffen. Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt und im kommenden Jahr als ersten Schritt an der Vertragsstaatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag als Beobachter teilnimmt.“

Peter Feininger, 15 . September 2021

 

Anhang


Martina Wild
Bürgermeisterin

Grußwort zum Flaggentag der Mayors of Peace

8. Juli 2021, 11.00 Uhr
Rathausplatz

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Friedensinitiativen,

ich heiße Sie alle sehr herzlich willkommen zum sogenannten „Flaggentag“, ein symbolisches Flaggenhissen, zu dem die Vereinigung der „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors of Peace) jedes Jahr am 8. Juli aufruft.

Warum wurde eigentlich ausgerechnet dieses Datum für den Flaggentag festgesetzt? Es wurde von den „Mayors of Peace“ gewählt zur Erinnerung an die Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag am 8. Juli 1996.

Wir feiern also heute das 25-jährige Jubiläum dieser Erklärung.

Darin heißt es, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen gegen internationales Recht und gegen Prinzipien des humanitären Völkerrechts verstoßen. Es ist ein Meilenstein in der Rechtsprechung – denn dadurch wird bereits die Androhung der physischen Vernichtung von Menschen als Rechtsverstoß geächtet.

Daran wollen und müssen wir heute gemeinsam erinnern – denn Gewaltandrohung und Gewalt gehört in vielen Spielarten leider immer noch zur Realität in Konflikten.

Augsburg hat sich auch in den vergangenen Jahren bereits an diesem Flaggentag beteiligt - allerdings nicht hier am Rathausplatz, sondern an verschiedenen Orten der Stadt (z.B. am Helmut-Haller-Platz oder im Annahof).

In diesem Jahr begehen wir diesen Tag zum ersten Mal auf dem Rathausplatz. Das ist mehr als nur ein Ortswechsel: Wir unterstreichen damit das gemeinsame Friedensanliegen und holen es mit den Flaggen der „Bürgermeister für den Frieden“ sichtbar an den zentralen Ort unserer Stadt, hierher vor unseren zentralen demokratischen Ort, unser Rathaus.

Die Friedensstadt Augsburg ist seit 2004 Mitglied in der weltweiten Gemeinschaft der „Mayors for Peace“, die 1982 vom Bürgermeister von Hiroshima zum Andenken an die Opfer des Atombombenabwurfs über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki am 6. August 1945 gegründet wurde.

Rund 8000 Städte gehören dem weltweiten Netzwerk mittlerweile an, darunter mehr als 680 Städte in Deutschland. Gemeinsam setzen sie sich vor allem für die Abschaffung von Atomwaffen ein. Sie greifen aber auch aktuelle Themen auf, um Wege für ein friedvolles Miteinander zu diskutieren. Diesen Anliegen fühlt sich Augsburg zutiefst verpflichtet.

In diesem Bewusstsein eines weltweiten gemeinsamen Anliegens feiert unsere Stadt ihr Friedensfest am 8. August und den heutigen Flaggentag der „Mayors for Peace“ als Zeichen der Solidarität gegen die Zerstörung der Städte durch Krieg und Hass.

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1 Feininger, Peter. „Augsburg nimmt am Flaggentag von Mayors for Peace teil: Die Oberbürgermeisterin sollte ihre Position revidieren und die Unterstützung des ICAN-Städteappells zulassen. ‚Wir wollen, dass auch Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt.‘ Pressemitteilung der Stadt“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 7. Juli 2021. https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/210707_augsburg-hisst-die-flagge-von-mayors-for-peace/index.htm .

2 Siehe hierzu ausführlich unsere beiden Artikel zum Flaggentag in Augsburg und zur Sitzung des Hauptausschusses:

Feininger, Peter. „Augsburg nimmt am Flaggentag von Mayors for Peace teil: Die Oberbürgermeisterin sollte ihre Position revidieren und die Unterstützung des ICAN-Städteappells zulassen. ‚Wir wollen, dass auch Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt.‘ Pressemitteilung der Stadt“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 7. Juli 2021. https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/210707_augsburg-hisst-die-flagge-von-mayors-for-peace/index.htm .

Peter Feininger. „Eva Weber wollte an die Bundesregierung appellieren, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. CSU und Freie Wähler stoppen die Oberbürgermeisterin. Weber zieht die eigene Beschlussvorlage zurück“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 2. Februar 2021. https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/210202_beschlussvorlage-der-oberbuergermeisterin-zum-atomwaffenverbot-gekippt/index.htm .

3 Facebook Grüne Augsburg. „Grüne Augsburg, die Fraktionsvorsitzende Verena von Mutius-Bartholy bekennt sich zum ICAN-Appell“, 28. Januar 2021. https://www.facebook.com/gruene.augsburg/posts/10164819817645002 .

4 Roth, Claudia. „Unterzeichnung des ICAN-Städteappells stünde der Friedensstadt Augsburg gut zu Gesicht“. Grüne Augsburg, 28. Januar 2021. https://gruene-augsburg.de/home/news-detail/article/unterzeichnung_des_ican_staedteappells_stuende_der_friedensstadt_augsburg_
gut_zu_gesicht/
.

5 „Mayors for Peace-Flagge wird gehisst, Pressemitteilung“, 6. Juli 2021. https://www.augsburg.de/aktuelles-aus-der-stadt/detail/mayors-for-peace-flagge-wird-gehisst .

6 https://www.icanw.de/ican-staedteappell/

7 Friedensbüro der Stadt Augsburg. „Kulturprogramm zum Hohen Friedensfest“. Zugegriffen 10. Juli 2021. https://www.friedensstadt-augsburg.de/de/kulturprogramm .

8 https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/200801_die-oberbuergermeisterin-hisst-die-flagge-von-mayors-for-peace/index.htm#__RefHeading___Toc3715_4059298505

9 https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/210202_beschlussvorlage-der-oberbuergermeisterin-zum-atomwaffenverbot-gekippt/index.htm#__RefHeading___Toc8497_37523230551111

10 https://www.wiesentbote.de/2021/07/05/rathausreport-der-stadt-erlangen-vom-5-juli-2021/

11 https://www.br.de/nachrichten/bayern/mayors-for-peace-landshut-zeigt-flagge-gegen-atomwaffen,ScXoK0k

12 https://www.nuernberg.de/presse/mitteilungen/presse_73015.html


   
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