Göring: “Jede Kugel, die jetzt aus einer Polizeipistole kommt, ist meine Kugel... hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten – weiter nichts.”

Zum 70. Todestag von Leonhard Hausmann
Rede von Anni Pröll an dessen Grabstein – Westfriedhof 17.5.2003

Bildbericht, Rede von Hanna Corniels und Biographie von Leonhard Hausmann bei VVN Augsburg  

Als erstes Blutopfer starb am 17. Mai 1933
Leonhard Hausmann – 31 Jahre alt
Stadtrat in Augsburg
Betriebsrat bei Thosti
Sekretär der KPD in Augsburg

„Auf der Flucht erschossen“ – stand in der Augsburger Zeitung. Die Staatsanwaltschaft stellte anderes fest. Sie funktionierte damals noch. Allzu viele Morde waren in Dachau schon geschehen.
Aus weniger als 30 cm Entfernung fiel der Todesschuss. Meuchlings ermordet von einem Augsburger SA-Mann. Tags zuvor sollte es schon geschehen. Der Revolver funktionierte nicht. Der Mörder schickte Hausmann zurück zu seinen Genossen und Kameraden in die Baracke: “Das machen wir morgen!“
"Grüßt mir meine Mina!" – sagte Hausmann.
Mina, die Frau des Getöteten wurde aus der Schutzhaft entlassen und konnte die Bestattung vorbereiten. Es war ein großes Abschiednehmen. Große Blumengebinde schmückten den Sarg. „Ein Sohn des Volkes wollt er sein und bleiben“ so stand es auf der Schleife. Und die zweite Schleife trug die Aufschrift: „Die Machtfrage ist gelöst – die Rechtsfrage ist offen“.

Hermann Göring hatte für diese Morde weitgehend Straffreiheit beordert:
“Jede Kugel, die jetzt aus einer Polizeipistole kommt, ist meine Kugel. Wenn man das Mord nennt, dann habe ich gemordet, das habe ich befohlen, ich decke das… Hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten – weiter nichts. Und sie mordeten weiter – die Gefängnisse waren überfüllt. Wie Spinnennetze wuchsen die Konzentrationslager in ganz Deutschland.

Der Krieg gegen das eigene Volk hatte begonnen. Ein ungleicher Kampf. Terror hatten die Nazis auf ihre Fahnen geschrieben. Unendliche Qualen hatten Frauen, Männer, Kinder zu erleiden – die jüdischen Opfer. Und überall wo sie hinkamen, diese Nationalsozialisten, brachten sie Not, Tod und verbrannte Erde.

Und mitten in dieser Zerstörung der Menschenrechte gab es Menschen, die aufstanden, die sich wehrten, Widerstand leisteten. Sie kamen aus der Arbeiterbewegung. Sie die wussten was Krieg bedeutet. Schon lange haben sie gewarnt: Wählt nicht Hitler, Hitler bedeutet Krieg. Das Geld der Banken, der Großunternehmen war es, das den Terror der Nazis stützte.
Es gab Widerstand – von Anfang an, das sollte die Welt nicht vergessen. Ja, die größte Kraft, die Arbeiterbewegung, sie waren sich nicht einig. Das sollen wir nie vergessen, obwohl es nicht die Schuldfrage war. Es gab Widerstand. Mitten unter dem größten Terror. Bewussten Widerstand, trotz Todesgefahr. Neben den Namen Bebo Wager und Clemens Högg, sind die anderen zu nennen, Maria Miller, Anni und Josef Weichenberger, Karl Hitzler und Karl Nolan – Willi Weise, Alois und Fritz Pröll – Michael Widemann, Innozenz Rehm und der Landtagsabgeordnete Josef Wagner und andere. Sie haben nicht überlebt. Ihr Wissen und Ihre Hoffnung verpflichtete sie und da waren viele, die nach Jahren Zuchthaus und KZ-Haft überlebten – sie hat es gegeben und zwar von Anfang an. Unvergessen sollen sie sein.

Als vor Jahren die NPD ihren Parteitag in Augsburg abhalten konnte, war die Empörung ungeheuer groß. Ein mächtiger Demonstrationszug bewegte sich vorbei an der Leonhard-Hausmann-Strasse – hierher zu diesem Denkmal.

Ich habe es nicht vergessen, dass junge Gewerkschafter und viele Studenten kritisierten, dass dieser Gedenkstein auf einem Friedhof steht und nicht mitten in der Stadt:
“Zur Ehre für die Opfer – zur Warnung für die Zukunft“

mit Recht.

Vor einigen Tagen stand es in der Zeitung, dass die SPD-Fraktion für die Opfer ihrer Partei ein Blumengebinde am Rathaus niedergelegt hat.

mit Recht.

Wir stehen heute hier, hier auf diesen Steinen stehen die Namen.

Julius Fucik sagte: “Ich möchte, dass man weiß, dass es Menschen waren, die ihren Namen, ihr Gesicht, ihre Sehnsucht und ihre Hoffnungen hatten, und dass deshalb der Schmerz auch des Letzten unter ihnen nicht kleiner war als der Schmerz des Ersten, dessen Name erhalten bleibt.“

Viele Jahre war es unerwünscht, in den Schulen über die nazistische Mordmaschinerie zu sprechen, nicht über das ausgeklügelte Programm der Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma – nicht über die Euthanasie und nicht über die Ausradierung der Städte Lidice, Oradour und Marzabotto und vieler in Jugoslawien und Griechenland. Die verbrannte Erde in der überfallenen Sowjetunion. Nichts sollten die Schüler erfahren über den totalen Krieg, dem das deutsche Volk angeblich jubelnd zustimmte. Auch über Kaufering sollte Gras wachsen.

Die Zeitzeugen lichten sich. Aber es ist eine Generation nachgewachsen die die Fragen stellt: Warum habt ihr das nicht verhindert? Was können wir tun, damit solches nicht wieder passiert? Thomas Mann hat gesagt: “Man muss die Jugend zu Wissenden machen – dann kann solches nicht wieder geschehen.“


Anmerkung: Zu Julius Fucik siehe einen Bericht von Radio Prag »»


   
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