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Rezension ZHAO Tingyang, Teil 2Die Inklusion der Welt und die Souveränität der WeltordnungDr. Hansjörg Bisle-Müller 25.10.2022
Rezension Teil 2: Zhao Tingyang „Alles unter dem Himmel: Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung “, Berlin 2020 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 2282) – chinesische Originalausgabe 2016 Teil 1 der Rezension findet sich hier: Bisle-Müller, Hansjörg. „Rezension ZHAO Tingyang, Teil 1: Alles unter dem Himmel: Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 18. Oktober 2022. https://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Ostasien/221018_rezension-zhao-tingyang-alles-unter-dem-himmel-teil-1/index.htm . Der Krieg als als wirklicher Gehalt internationaler PolitikAußerhalb des Staates gebe es nur Strategien und keine Systeme. „Nur weil die Welt als ein Äußeres angesehen wird, ist der wirkliche Gehalt internationaler Politik der als Politik camouflierte ( 1 ) Krieg, sie ist in Wahrheit das Gegenteil von Politik.“ (S. 26) Zhao nennt das die „Abwehrlogik der modernen Politik“ (ebd.), die den vielen optimistischen westlichen politischen Theorien widerspreche. Der Weltbürger Kants bleibe ein leeres Wort ohne eine „Welt gemeinsamer Teilhabe“ (ebd.), und Habermas‘ „kosmopolitisches Recht“ mit den Menschenrechten als zentralen Prinzipien scheiterten an Kultur- oder Interessenkonflikten (S. 27). Auf Huntingtons Problem des „clash of civilizations“ gäben weder Kant noch Habermas eine Antwort (S. 28), und die immer noch unvollkommene Theorie der Menschenrechte löse nicht das Problem der „ethische(n) Dilemmas“, da nicht geklärt sei, welche übergeordneten Prinzipien bei Konflikten zwischen einzelnen Menschenrechten entscheiden (S. 27). Überwindung von GrenzenGrenzen seien ein „symbolisches Spezifikum moderner Politik“ (S. 204). Zum Schutz der Grenzen sucht man nach äußeren Feinden: „Der klare Trennungsstrich zwischen sich und dem anderen produziert Gegensätze, wo ursprünglich keine vorhanden waren.“ (S. 28) Am wichtigsten von allen Trennlinien seien die der individuellen Menschenrechte und der souveränen Staaten. Die Grenzziehung der Moderne unterscheide sich von allen bisherigen erstens durch Eindeutigkeit mit „durch Gesetz beglaubigte(n) und klar definierbare(n) Grenzlinien“, zweitens durch Geschlossenheit mit klar definierten Merkmalen, die alles nicht Übereinstimmende ausschließen, und drittens durch Souveränität der politischen Entitäten mit Subjektcharakter (Individuen als kleinste, Staat als größte). Diese Souveränität gelte aber in der modernen Politik für Kulturen nicht (S. 204 f.). Die klare Abgrenzung führe auch zur Maximierung des eigenen Nutzens gegenüber anderen Entitäten (S. 205). Deshalb seien Konflikte unvermeidlich. Jeder starke souveräne Staat könne sich durch nutzenmaximierende Grenzverletzungen zum imperialistischen Staat entwickeln. Die Moderne werde aber langsam durch „die noch schrecklichere postmoderne Kultur“ abgelöst, die „im Deckmantel der Heuchelei Kriminalität und terroristische Aktionen“ befördere (S. 206). Beispiele lassen sich für diese Thesen Zhaos einige anführen, aber Heuchelei gab es auch früher. Die Rechtfertigung des Kolonialismus durch einen angeblichen Zivilisierungsauftrag, der dann nicht nur bei Kaiser Wilhelm II. zur Rechtfertigung schwersten Menschenrechtsverletzungen in den Kolonien missbraucht wurde, unterscheidet sich nur in Nuancen von der Dreistigkeit, die heute bei der Rechtfertigung von schwersten Menschenrechtsverletzungen durch Interventionen und Sanktionen mit der Behauptung geschieht, diese seien notwendig zur Verhinderung von anderen Menschenrechtsverletzungen.
Zhao schlägt nun zur Beendung dieses Teufelskreises die Überwindung von Grenzsetzungen / Abgrenzungen vor durch die Errichtung einer Weltsouveränität und die Anerkennung der Vielfalt von Kulturen und Werten. Die „Annahme des Anderen als Äußeren“ (S. 28) erlaube keine Lösung von Konflikten, nur das Prinzip der Inklusion, das Kompatibilität voraussetze, könne hier zum Erfolg führen. „Kompatibilität meint die Möglichkeit aus einem Feind einen Freund zu machen und mittels Kompatibilität eine Politik des Friedens zu garantieren.“ (S.30) Eine koexistentielle Ontologie setze Vertrauen voraus, eine Welt nur mit Innen und keinem Außen. „Der Andere wird nicht mehr als Abweichler begriffen, mit dem Koexistenz nicht möglich ist, unterschiedliche Wertvorstellungen werden nicht mehr als inakzeptables Heidentum definiert.“ (S. 31) Es sei „ein antihegemoniales und antiimperialistisches System“ ( S. 230). Nach einer Idealversion wäre es eine Welt mit einer „Art familiärer Bindung“ (ebd.) . Die Welt insgesamt sei zu schützen und nicht nur ein privilegierter Teil der Welt.
Prinzipien einer WeltsouveränitätDie Globalisierung führe zu „einer Veränderung im ontologischen Sinne“ (S. 33) und verlange „neue Spielregeln und Machtstrukturen, die Neuverteilung von Interessen und Ressourcen, neue Geschichtsnarrative und Kenntnisse unter den Bedingungen der Inklusion der Welt“ (ebd.). Die Details einer Weltsouveränität sind für Zhao noch unklar, aber zwei Prinzipien seien auf jeden Fall notwendig: (1) Bei einer übergeordneten Weltsouveränität unterlägen innere Angelegenheiten der staatlichen Souveränität, äußere Beziehungen der Weltsouveränität. Die Weltsouveränität setze der staatlichen Souveränität „nur äußere Schranken“. Zhao führt dies nicht weiter aus, kann aber wohl auch so verstanden werden, dass die Behandlung innerer Angelegenheiten nicht zu Beeinträchtigungen innerer Angelegenheiten andere Staaten führen darf. Kommt es also z.B. zu großen Flüchtlingsbewegungen durch bestimmte Maßnahmen einer Regierung, könnte die Weltsouveränität einschreiten. Ohne eine genauere Diskussion solcher vorstellbarer Fälle bleibt Zhaos Prinzip leider unklar. (2) Alles, was das kollektive Schicksal der Menschheit betreffe, unterliege der Rechtsprechung der Weltsouveränität: globales Finanzsystem, Systeme der Hochtechnologie, Internet etc. (S. 33f.) Auch hier lassen sich die Prinzipien ohne eine detailliertere Beschreibung nicht ausreichend beurteilen. Aber Zhao will sich offensichtlich nicht auf Details festlegen lassen. Trotzdem bietet Zhao hier eine grundsätzlich neue Orientierung für Weltpolitik an. Die „rein geografische“ Existenz der Welt der Gegenwart soll durch eine „politische Existenz“ ersetzt werden. Ohne Inklusion gehe das nicht. „Die Inklusion der Welt wird deutlich machen, dass Politik nichts anderes ist als die Kunst der Koexistenz. In diesem Sinne bedeutet Politik die Beendigung der Kämpfe.“ (S. 34) Wenn man diesen Gedanken konsequent weiterführt, müsste sie auch auf die Innenpolitik bezogen werden. Aber Zhao diskutiert nur die äußeren Beziehungen, obwohl er konstatiert, dass „die Inklusion der Welt sämtliche politische Fragen in sich einschließt.“ (ebd.) Hier können natürlich die zwei diskutierten Grenzziehungen der Moderne in Konflikt miteinander geraten . Die Souveränität und Unverletzlichkeit eines Landes und der Schutz der Souveränität und Unverletzlichkeit der Würde eines Individuums müssen irgendwie miteinander vereinbart werden. Kein Staat der Welt geht so weit, den Schutz des Individuums absolut über den Schutz des gesamten Landes zu stellen. Auch hier geht es um die richtigen Proportionen. Mit doppelten Standards bei der Verurteilung von separatistischen, extremistischen und terroristischen Bewegungen in Nordirland, Korsika, Katalonien, im spanischen Baskenland oder in Xinjiang k ö nn e man sich bei der Einschätzung dieses Problems aber nicht durchmogeln. Zhao versucht sich dem Problem über eine genauere Analyse der Grenzsetzungen und der Exklusion eines Anderen zu nähern. Zwei Arten der Externalität: die natürliche und die konstruierteFür den Urzustand gelten die anderen Menschen – wie bei den bekannten Theorien so auch bei Zhao – „als natürliches Außen“ mit dem „das Problem der Daseinskonkurrenz“ (S. 197) verbunden ist. Zhao sieht für den Umgang damit zwei politische Logiken: das Modell Xunzi mit der Logik der Internalisierung von Außenstehenden und der Ordnung der Kooperation und das Modell Hobbes mit der Logik der Unterwerfung des Außen. Beide Logiken existierten überall auf der Welt gleichzeitig, aber bei Angleichung unterschiedlicher Systeme. „Die heutigen politischen Systeme enthalten bereits offensichtliche hybride Elemente, so weit, dass es schwierig wird, ein System einfach als kapitalistisch, sozialistisch oder als sonst irgendetwas zu bezeichnen.“ (S. 198) Wenn sich rationales Verhalten als erfolgreich zeige, komme es zu Annäherungen, denn „rationale Systeme ähneln sich immer partiell.“ (S. 198f.) Hier zeigt sich wieder, wie sehr Zhao versucht, feste Denkschablonen zu vermeiden und auf zu weitgehende Schlussfolgerungen zu verzichten. Die Leser:innen sind dann gezwungen, sich selbst weitere Gedanken über Hybridität und die von Zhao ins Spiel gebrachten zwei Arten von Rationalität zu machen. Aber der Wert eines Textes besteht für mich ja vor allem darin, wie sehr er mich zu eigenem fruchtbarem Weiterdenken anregt. Zhao übertrifft hier alle meine Erwartungen. Schwer zu lösende Konflikte entstünden oft aus kulturellen Konflikten, die wenig oder nichts mit Daseinskonkurrenz zu tun hätten (S. 199). „Unduldsamkeit gegenüber dem Außen einer Fremdkultur“ sei „ausschließlich ein menschliches Konstrukt“, gehöre also zur „konstruierten Externalität“. Es bestehe ja keine Notwendigkeit, anderen Kulturen feindselig zu begegnen. Differierende Interpretationssysteme der Welt begründeten an sich keine Gegnerschaft (ebd.). Feindschaft setze zwei Elemente voraus: (1) „Dogmatismus“, also den Glauben an die alleinige Wahrheit der eigenen Kultur, und (2) das „Recht auf alleinige Verehrung“ verbunden mit der „Entscheidungsgewalt im Bereich der Werte“ und mit dem „Recht, andere spirituelle Welten zu ersetzen“ bzw. mit der „Mission, sie zu konvertieren“ (S.200). Das Christentum habe den ersten „universalen Monotheismus“ und eine „spirituelle Politologie“ geschaffen, verbunden mit „der Propaganda, dem Psychomanagement, dem Massenglauben und dem spirituellen Feind“ (ebd.). Es sei „die wahre Ursache der Entstehung kultureller Feindseligkeiten“. Zhao sieht auch Huntington und Carl Schmitt als Erben dieser Feindschaftssideologie. Durch das Christentum habe die Welt „die ihr eigene Sakralität“ verloren und sei „zum Kampfplatz der universalen Verwirklichung des Christentums“ geworden (S. 201). Die „säkularisierten Varianten“ seien davon abgeleitet: Verbreitung der westlichen Zivilisation, Befreiung vom Kommunismus, Demokratisierung der ganzen Welt. Natürlich könnte man hier auch noch den Aufruf zur Weltrevolution und die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte nach einer einzigen Version anführen. Das Dao des Himmels verlangt die Verteidigung der Vielfalt der Kulturen und WerteDagegen vertritt Zhao die Meinung: „Wird die Welt zu einer Religion, zu einem Wertesystem, zu einer Geisteswelt vereinheitlicht, schrumpft sie in geistiger Hinsicht zu einem Wesen zusammen und hört auf, Welt zu sein, mag sie räumlich noch so groß sein.“ (S. 201) Politik auf der Grundlage von Kompatibilität sei „wahre Politik“, dagegen auf der Grundlage von Universalität nur „bloße Herrschaft“(S. 202). Die Politik müsse nach traditioneller chinesischer Auffassung „dem Himmel entsprechen, nicht einem Gott“ (ebd.). Die Verteidigung der Vielfalt der Kulturen und Werte ist eines der am häufigsten verkündeten Prinzipien der offiziellen chinesischen Politik. Ob dieses Prinzip im eigenen Land wirklich durchgesetzt wird, ist eine andere Frage. Aber das ist bei westlichen Prinzipien nicht anders. Das Dao des Himmel s s ei ein metaphysischer Begriff, der die Autoharmonie der sich ständig verändernden Natur erfassen solle. Laut Konfuzius spricht der Himmel nicht, aber ist überall erfassbar. Eine sprachliche Offenbarung gibt es nicht. Dies macht es für die chinesische Zivilisation notwendig, immer auf den Himmel zu achten. Zhao (S. 229) formuliert das so: „Diese Daseinsform der Natur wurde als Referenzkriterium der menschlichen Daseinsweise betrachtet.“ Eine dogmatische inhaltliche Festlegung durch eine Offenbarung ist nicht vorgeschaltet. Es gibt also dem Anspruch nach keine unantastbaren Scheuklappen bei der Betrachtung der Wirklichkeit. Mit der Übernahme des westlichem Denken entsprungenen Marxismus-Leninismus hat nun in China jedoch auch ein Anspruch auf absolute Wahrheit Einzug gehalten. Aber der chinesische Pragmatismus hatte schon bei Mao Dzedong mit der Forderung „Die Wahrheit in den Tatsachen suchen“ eine Lösung bereit und konnte so allen Anmaßungen der sowjetischen Dogmatik ausweichen. Natürlich ist das bis heute ein sehr widerspruchsvoller Prozess. Der Weg zu den Tatsachen ist kein einfacher Weg. Wir können m. E. offensichtlich zwei unterschiedliche Konzepte unterscheiden: (1) das im Westen favorisierte Konzept der Durchsetzung der gleichen (westlichen) Werte auf der ganzen Welt mit der Implikation des Rechts auf Einmischung, Missionierung und Intervention und (2) das in China vorherrschende Konzept der Verteidigung der Vielfalt der Kulturen und Werte mit der Implikation des Rechts auf einen eigenen Entwicklungsweg, was allerdings auch das Recht einschließt, die Vielfalt der Werte und Kulturen im eigenen Land zumindest für eine bestimmte Zeit zu begrenzen. Beide Konzepte haben ihre Stärken und Schwächen, also könnte einer hybriden Entwicklung die Zukunft gehören. Das Dao des Menschen müsse dem Dao des Himmels entsprechen, also lege die Natur die Grenzen der Freiheit des Menschen fest. Es gibt keine Aufforderung, sich die Erde untertan zu machen! „Das Dao des Himmels ist daher die absolute Schranke der menschlichen Existenz.“ (S. 229) Das Tianxia-System hätte nach Zhao die Aufgabe, „Menschen durch die Macht des Systems daran zu hindern, Risiken einzugehen, für deren Konsequenzen sie keine Verantwortung übernehmen können“ (ebd.). Hier wäre ein guter Ansatzpunkt für westliche Chinakritiker:innen, mit China ins Gespräch zu kommen, und nicht mit Vorwürfen und Beschimpfungen. Wer wirklich etwas erreichen will, stellt sich auf seine Dialogpartner:innen ein und beleidigt und beschuldigt sie nicht zuerst. Empathie und nicht Härte ist angebracht. Die oft kritisierte Hanns-Seidel-Stiftung zeigt übrigens vorbildlich, wie man erfolgreich westliche Konzepte in China umsetzen kann. Die Dorferneuerung ist nur ein Beispiel dafür ( 2 ). Die Grenzsetzungen und Ausschlüsse, zu denen die westliche Moderne geführt hat, führen, wie Zhao zeigt, zu immer mehr Konflikten, die sich vor allem auch durch das Paradox der Nachahmung als nicht mehr lösbar erweisen. Als Alternative zu westlichen Rationalitätsvorstellungen bietet Zhao deshalb eine relationale Rationalität an, in deren Zentrum er die Vermeidung von Revanchereaktionen sieht. Relationale Rationalität statt individueller RationalitätVermeidung von RevanchereaktionenDie Kernfragen moderner politischer Philosophie konzentrieren sich nach Zhao auf Interessen, Macht, Machtverteilung und seien letzlich eine Philosophie des Kampfes. Er stellt deshalb den Gegensatz von Politik als Kunst oder als Technik in den Vordergrund, in der altchinesischen Tradition von Dao oder Strategemen. Das Dao verkörpert dabei den richtigen Weg, der sich nicht auf vordergründige eigene Interessen reduzieren lässt, und die Strategeme stehen für interessengeleitete kluge Handlungsvorschläge. Politische Kunst oder am Dao orientierte Politik will vor allem Feinde und Kampf vermeiden. „Politik, die nach Feinden sucht, ist das Gegenteil von Politik, wahre Politik besteht darin, Feinde in Freunde umzuwandeln.“ (S. 37) Eine ontologische Betrachtungsweise bezieht mögliches Zukünftiges mit ein und zeigt, „dass eine Handlung, selbst wenn sie auf das unmittelbare Ziel gerichtet rational ist, als irrational betrachtet werden muss, wenn sie als künftige Folge gegenseitige Zerstörung durch Racheaktionen herbeiführt.“ (ebd.) Wenn alle an einer Auseinandersetzung Teilnehmenden individuelle Rationalität und hinreichende Lernfähigkeit besitzen und nach persönlicher Nutzenmaximierung streben, ergibt sich irgendwann Waffengleichheit. „Die Symmetrie der Strategien vernichtet in kurzer Zeit jede spielerische Überlegenheit.“ (ebd.) Nur die Annahme kultureller Überlegenheit bzw. Systemüberlegenheit würde – wie in Teil 1 der Rezension schon dargelegt – Sieg versprechen. Eine positive Rationalität schließt also Revanchereaktionen aus. „Individuelle Rationalität ist nur dann tatsächlich rational, wenn sie notwendig kollektive Rationalität herbeiführt.“ Jede Handlung wähle nicht nur ein Ziel, sondern auch „quasi automatisch eine Form wechselseitiger Beziehung“ (S. 39). Individuelle Rationalität decke den „Begriff menschlicher Vernunft“ nicht hinreichend ab . Donald Davidson hat Vernunft „ein soziales Merkmal“ genannt, über d as nur d ie verfüg t e n , d ie kommunizier t e n ( 3 ) . Zhao könnte also mit seinem Konzept einer „relationalen Rationalität“ durchaus auch auf westliche Denktraditionen verweisen. Westliche Chinapolitik sieht aber leider oft aus wie eine westliche Variante des kulturrevolutionären „Kampfes zweier Linien“, bei dem eine Linie ausgeschaltet werden muss. Individuelle Rationalität stellt sich nach Zhao zusammenfassend als Konkurrenzrationalität heraus und relationale Rationalität als Koexistenzrationalität (S. 40). Ich würde sogar noch schärfer formulieren und die individuelle Rationalität als potentielle Vernichtungsrationalität bezeichnen. Koexistenzrationalität statt KonkurrenzrationalitätSchließlich ergeben sich nach Zhao (S. 41) drei Prinzipien für eine relationale Rationalität der Koexistenz: (1) die Berücksichtigung des Revancheproblems bei Nachahmungshandlungen verlangt eine vorrangige Vermeidung von Revanche und damit eine erhöhte Risikovermeidung; (2) deshalb hat auch die gegenseitige Schadensminimierung den Vorrang vor einer „Maximierung persönlichen Nutzens“; (3) die „Steigerung des Nutzens aller Menschen“ kann schließlich durch „Maximierung von Kooperation und Minimierung von Konflikt auf der Grundlage von gegenseitiger Schadensminimierung“ erreicht werden. Das „Streben nach einem optimalen Zustand von Koexistenz“ ist also nach Zhao die wichtigste rationale Aufgabe. Leider diskutiert er nicht, wie diese Aufgabe auch innenpolitisch erfüllt werden kann. Ich werde auf diese Frage weiter unten im Abschnitt „Koeexistenz als Geltenlassen des Anderen“ noch genauer eingehen. Ziel der relationalen Rationalität, die „der Schaffung stabiler und auf Vertrauen gegründeter Koexistenz“ diene, sei ein „konfuzianisches Optimum“ (Confucian Improvement) mit einer Nutzenverbesserung für alle Beteiligten und zur allgemeinen Zufriedenheit (S. 41f.). Das Vermeiden von Revanchereaktionen verlange auch die Berücksichtigung von möglichem Nutzen und Schaden für zukünftige Personen, soweit entsprechende systemische Auswirkungen rational abgeschätzt werden könnten. Es gehe also um nachhaltigen Nutzen und rationale Selbstbeschränkung (S. 42f.). Wer den zwanzigjährigen westlichen Krieg in Afghanistan analysiert, findet zum Beispiel – nach meiner Auffassung – nur schwer einen nachhaltigen Nutzen und findet die rationale Selbstbeschränkung nur in der Entscheidung, die Truppen aus Afghanistan abzuziehen, aber leider in der Durchführung kontraproduktiv. Wer nicht ausreichend kommuniziert, kann eben auch nicht vernünftig handeln. Das Problem der subjektiven Gerechtigkeit und der WerteDas Problem der „Sehnsüchte, der Spiritualität und der Emotion“ (S. 43) bleibe auch bei relationaler Rationalität. Rationalität allein genüge nicht. Das Bedürfnis nach subjektiver Gerechtigkeit bestehe weiter. Zhao (S. 43f.) nennt drei „Evidenzen des subjektiven Gerechtigkeitsempfindens“: (1) „Ein System ist dann und nur dann legitim, wenn es auf der Zustimmung aller beruht.“ (2) „Ein System ist dann und nur dann legitim, wenn die Mehrheit ihm zustimmt.“ (3) „Ein System ist dann und nur dann legitim, wenn es der Volksseele entspricht.“ Evidenz 1 sei zu anspruchsvoll und kaum zu erfüllen. Evidenz 2 entspreche den Vorstellungen moderner Demokratie, doch die Wahl der Optionen passe zu einem Interessenwettbewerb, aber nicht als „richterliche Instanz für Werte“ (S. 44). Bei Evidenz 3 hat Zhao Schwierigkeiten, für den Begriff Volksseele, der „das gemeinsame Verständnis des Lebens“ ausdrücke (S.45), einen angemessenen westlichen Begriff zu finden, und entscheidet sich schließlich für eine Diskussion des Wertebegriffs. Das ist interessant, aber nicht überzeugend. Vielleicht muss man auch mal akzeptieren, dass sich ein angemessener Begriff in einer anderen Kultur nicht finden lässt. Wenn schon, dann würde ich nach den Umschreibungen Zhaos eher unsere Begriffe „Leitkultur“ oder „sensus communis“ heranziehen. Aber auch dann bleibt das Problem der Berücksichtigung von Bedürfnissen von Minderheiten. Bei der Wertediskussion vermisst Zhao einen universellen Maßstab für universelle Werte (ebd.). Logisch sei klar, dass ein universeller Wert auch ein notwendiger Wert sein müsse. Dabei könne die Notwendigkeit auf Individuen oder auf Beziehungen angewandt werden (S. 46). Beim Individuum als Einheit sieht er drei Konstellationen (46f.): (1) Jedermanns Verlangen beweise noch nicht, dass etwas gerechtfertigt sei. (2) Universalisierung (Kants Prinzip beim kategorischen Imperativ) funktioniere nicht bei pluralistischen Programmen, z.B. bei Religionen, Drogenkonsum etc., bei denen persönliche Überzeugungen nicht verallgemeinert werden können, also wohl bei Fragen, bei denen im Deutschen Bundestag ohne Fraktionszwang abgestimmt wird. (3) Allgemeine Zustimmung beweise keinen universellen Nutzen. Die Frage nach der universellen Notwendigkeit von Werten sei auf der individuellen Ebene also nicht lösbar. Bei Beziehung en als Einheit geht er von zwei Konstellationen aus (S. 47): (1) Allgemeine Nutznießerschaft impliziere allgemeine Zustimmung, was zwar nicht umgekehrt gelte, aber eher rational sei , da „sie die Summierung von Präferenzen durch die Staffelung objektiver Resultate“ ersetze. Zhao vernachlässigt hier, dass die Feststellung objektiver Fakten, wiederum allgemeine Zustimmung verlangt, was nicht so einfach zu erreichen ist. (2) Universelle Kompatibilität sei erreichbar, da jedermann zustimme, wenn „eine Beziehung eine wechselseitig kompatible Kooperation garantieren kann“. Einmischung finde nicht statt, denn „Vorrang hat die Beziehung und nicht der spezifische Nutzen irgendeines Beteiligten“. Das klingt gut, setzt aber wieder voraus, dass jedermann davon überzeugt ist, dass eine Beziehung ein solche kompatible Kooperation garantieren kann. Das ist schon wegen der westlichen Einstellung, dass Pluralismus nur unter Bedingung der Anerkennung westlicher Werte und westlicher Schiedsgewalt möglich ist, völlig unrealistisch. Also ist eine wechselseitig kompatible Kooperation eigentlich ausgeschlossen. Die monotheistische Menschenrechtsreligion lässt dies nicht zu. Wir stehen deshalb vor der absurden Situation, dass eine kooperative friedliche Welt möglich wäre, aber am Dogmatismus und Fanatismus der von der absoluten Wahrheit ihrer Glaubenssätze überzeugten westlichen Meinungsführer:innen scheitern könnte. Die andere Lösung wäre die völlige Unterwerfung der nicht-westlichen Welt, was aber nicht weiterhelfen würde, da die westliche Welt ja auch nicht über eine einheitliche Interpretation der Menschenrechte verfügt. Bei Wegfall eines großen Feindes und Systemrivalen dürften sich schnell im Inneren der Wertegemeinschaft die Widersprüche verschärfen. Das Grundprinzip des Dao des MenschenRelationale Rationalität nennt Zhao das „Grundprinzip des Dao des Menschen“ (S. 230), bei dem es vor allem um die wechselseitige Sicherheit gehe. Zur Grundforderung werde der „Ausschluss von Krieg“ und die Begrenzung von Konkurrenz auf ein Ausmaß, „das die Möglichkeit, sich gegenseitig Schaden zuzufügen, auf ein Minimum beschränkt.“ (ebd.) Unter diesem Dao-Label expliziert Zhao dann seine obigen Ausführungen. (1) Die Minimierung der Möglichkeit, sich gegenseitig Schaden zuzufügen Dies sei die „direkte Anwendung“ des Prinzips „Alles Lebende gewähren und fortleben lassen“ und habe Vorrang vor der Maximierung persönlichen Nutzens. (2) Die Maximierung wechselseitigen Nutzens Minimierung von Schaden gilt Zhao als negatives Rationalitätsprinzip, Maximierung von Nutzen als positives. Unter bestimmten Umständen könne Maximierung wechselseitigen Nutzens jedem Einzelnen mehr bringen als die Maximierung persönlichen Nutzens. (S. 231) (2.1) Das konfuzianische Optimum Dieses ergebe sich als Implikation der Maximierung wechselseitigen Nutzens entsprechend dem konfuzianischen Prinzip (Konfuzius: Gespräche, Yong Ye): „Willst du sicher stehen, hilf anderen sich aufzurichten, willst du etwas erreichen, hilf anderen, etwas zu erreichen.“ (ebd.) Dies sei ein „universelles Prinzip“ mit politischen, ökonomischen und ethischen Implikationen. „Wenn ein System universell gerechtfertigt ist, dann und nur dann ist seine Existenz gesichert.“ (S. 232) Auf das konkurrierende Pareto-Optimum (mit der Unmöglichkeit einer Besserstellung eines Individuums ohne gleichzeitige Schlechterstellung eines anderen) bezogen heiße das: nur durch Nutzensteigerung für jeden einzelnen sei eine optimale Gesamtnutzensteigerung erreichbar. Für mich ist das genannte konfuzianische Prinzip aus den „Gesprächen“ als eine aktive Handlungsanweisung eindeutiger und besser als die christliche Einstellungsanweisung „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ oder die reaktive Anweisung, Schlechtes nicht mit Schlechtem zu vergelten. (2.2) Das Dao der Kompensation von Verlusten Wie ist ein konfuzianisches Optimum erreichbar? Eine Lösung und Begründung findet sich im von Zhao (ebd.) zitierten Laozi-Prinzip der „Regelung des natürlichen Gleichgewichts“ (Laozi: Dao-De-Jing, Kap. 77): „Das Dao des Himmels ist es zu mindern, wo Übermaß ist, um zu mehren, wo Mangel besteht.“ Gibt es kein natürliches Gleichgewicht, droht auch denen, die im Übermaß haben, die Katastrophe. Bei Laozi geht es dabei nicht um ein Ideal der Gleichheit, sondern nach Zhao um den „Verlust der Lebensfähigkeit“ bei „Gleichgewichtsverlust“ (ebd). Es müsste also auch im Interesse des mit Reichtum und/oder Macht Gesegneten liegen, nicht zu viel zu haben. Auch unser Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall“ weist in diese Richtung. Die Kampagne der KP Chinas gegen Korruption verwies am Anfang oft als Warnung auf die Zustände im Frankreich des 18. Jahrhunderts vor der Französischen Revolution. Das konfuzianische Maß-und-Mitte-Prinzip und das von Zhao als Laozi-Vorbild genannt Yin-Yang-Konzept aus dem Buch der Wandlungen geben ähnliche Orientierungen. Die Alternative Altruismus oder Egoismus wird als ein Scheinproblem entlarvt. (2.3) Die gegenseitige Rettung Gegenseitige Rettung vor Tod, Unglück oder Not gilt als höchste Tugend. Es sei aber nicht nur ein idealistisches, sondern auch ein realistisches Konzept, meint Zhao und zitiert einen alten Text: „Alle im Tianxia werden sich dorthin wenden, wo Tugend herrscht.“ (S. 233) Natürlich müsste es genauer heißen, wo „vermeintlich“ Tugend herrsche. Solche Auffassungen sind schließlich auch eine Soft-Power-Frage! Einwanderungsländer profitierten lange von einem ähnlichen Prinzip, wollen heute aber ihre „Tugend“ lieber nicht mehr allen zukommen lassen. Die Impfstoffbereitstellung für viele Länder der Welt durch die VR China inklusive gemeinsamer Impfstofftestung und -produktion vor Ort folgt dem Prinzip der gegenseitigen Rettung besonders erfolgreich, während im Westen das Prinzip des höchstmöglichen eigenen Nutzens vorherrscht. Bei der Denunzierung der Hilfe Chinas ist das Wort „Impfstoffdiplomatie“ noch die mildeste Verzerrung der Wirklichkeit. Koexistenz statt HerrschaftsansprüchenKoexistenz als Geltenlassen des AnderenWir haben bei der Inklusion schon gelernt, dass die Welt des Tianxia kein Außen kennt (S. 15): „[…] das System des Tianxia kennt daher nur ein Innen und kein Außen und lässt damit die Begriffe des ‚außenstehenden Fremden‘ und ‚Feindes‘ verschwinden: Keine Person kann als untolerierbarer außenstehender, kein Staat, keine Nationalität und keine Kultur als antagonistischer Feind angesehen werden.“ Nicht geklärt ist damit aber der Fall, dass einzelne Personen oder Gruppen, ja sogar einzelne Staaten als Feind angesehen werden möchten, da sie die Existenz der einen Welt in ihrer jeweiligen Existenzart nicht anerkennen, wie z.B. der IS. Die notwendige Präzisierung müsste also heißen: Wer dazu gehören möchte, darf nicht ausgeschlossen werden. Alles Äußere soll also im Idealfall in Inneres umgewandelt werden, falls es diesen Wunsch äußert. Deshalb schließe dieses Konzept „die Konzepte des unversöhnbaren Todfeindes, des absoluten ideologischen bzw. spirituellen Gegners und damit auch des Heidentums aus. Damit steht es im Gegensatz zu monotheistischen Denkmustern.“ Monotheistische Denkmuster sind auch – ohne dass Zhao (ebd.) dies hier extra erwähnt – die Denkmuster der westlichen Werte, die nicht verhandelbar sind und überall auf der Welt gelten sollen. Bei fehlenden „Feinden oder Abweichlern“ sieht Zhao (ebd.) einen „Kompassverlust“ in der westlichen Politik. Die Theorien von Hobbes, Carl Schmitt, Huntington und die marxistische Theorie des Klassenkampfes kommen genauso wie die christliche Bekämpfung des Heidentums und der Häresien nicht ohne das Freund/Feind-Konzept aus und werden von Zhao extra erwähnt. Auch wenn Zhao dies nicht thematisiert, können so die Ausschreitungen der Kulturrevolution mit westlichen Denkmustern erklärt werden. Das Konzept des Tianxia dagegen gehe davon aus, dass es möglich sein müsse (S. 16), „auf irgendeine Art und Weise jeglichen Anderen in die Ordnung der Koexistenz zu integrieren und auf der Basis gegenseitigen Respekts zu koexistieren.“ Dann kommt der für die innenpolitische Auseinandersetzung in China provozierende Satz (ebd.): „Jede außenstehende Existenz wirft daher die Frage ihrer Integration auf, sie ist kein Objekt der Unterwerfung.“ Zhao schreibt in seinen darauf folgenden Ausführungen nicht von Konzepten der „internationalen“ Politik oder des „Außenpolitischen“, sondern allgemein von Konzepten des „Politischen“. Das „Konzept des antagonistischen Kampfes“ werde „die Probleme der Realität immer nur wiederholen, nie sie lösen.“ Er nennt es einen „ontologischen Fehlschluss“, der „die Menschheitskatastrophen verschlimmert.“ „Krieg oder Kampf“ seien Ausdruck „des Scheiterns von Politik“ (ebd.). Die abschließenden Sätze in diesem Abschnitt lassen sich deshalb auch wie eine Kritik der chinesischen Innenpolitik lesen (ebd.): „Die Politik des Kampfes missachtet Menschheit und Welt gleichermaßen, daher ist es notwendig, Konzepte des Politischen, in deren Mittelpunkt der Kampf steht, in ihr Gegenteil zu verkehren, sie durch Konzepte des Politischen zu ersetzen, die Koexistenz zum Zentrum machen.“ Die übliche Hervorhebung von den „drei Übeln“ Terrorismus, Separatismus und Extremismus, die auch in SCO-Dokumenten (Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit mit China, Russland, Indien, Pakistan und den zentralasiatischen Staaten wie Usbekistan) vorkommt, impliziert natürlich auch die als Feinde entschieden zu bekämpfenden Terroristen, Separatisten und Extremisten. Allerdings gibt es in der relevanten politischen Diskussion in China keine Infragestellung z.B. der Zugehörigkeit des Islam zu China, sondern nur eine Diskussion, wie durch Sinisierung die Inklusion des Islam gesichert werden kann. Diskussionswürdig wäre m.E. allerdings - wie bei uns – eine genauere Unterscheidung von Integration und Assimilierung. Das chinesische Vorgehen gegen Separatisten und Extremisten - allerdings kaum gegen wirkliche Terroristen - geht stark von der Umwandlung von Feinden in Freunde aus. Was wir als Umerziehungslager und Gehirnwäsche betrachten, könnte in chinesischen Augen sicher auch mit der von den Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland angeordneten und nicht freiwilligen Entnazifizierung (auch für die harten Fälle in Lagern) verglichen werden. Nur mit dem Unterschied, dass dies in China für das eigene Land durchgesetzt wird. Die schlechteste und die beste aller möglichen Welten: Märchen und RealitätenZhao entwickelt aus den Hypothesen von Hobbes und Xunzi eine „Xunzi-Hobbes-Hypothese“ (S.18) mit einem „Urzustand eines Zusammenschlusses der Gruppe nach innen und des Kampfes nach außen“ (S. 19). Die beste aller möglichen Welten mit der Verwirklichung aller guten Dinge wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Klassenlosigkeit, größtem materiellem Wohlstand für alle, Glück für jeden usw. schließt er als nicht mögliche „märchenhafte Welt“ aus, und distanziert sich von „geschichtsphilosophischen Märchenerzählungen der modernen Fortschrittstheorien“ (ebd.). Mit dem historischen Materialismus eines dogmatischen Marxismus-Leninismus ist dies wohl nicht zu vereinbaren, mit einer sinisierten Variante schon leichter. Und dabei hilft der Rückgriff auf Konfuzius, ein Schreckgespenst für alle westlichen und östlichen Maoistinnen und Maoisten. Die Wiederaufnahme seiner Überlegungen in offizielles chinesisches Denken nach der Kulturrevolution hat die Läuterung einer glühenden Mao-Anhängerschaft im Westen hin zu einer ebenso glühenden Chinafeindschaft offensichtlich erleichtert und beschleunigt. Denn das Gen des Radikalismus und missionarisches Eiferertum ist Konfuzius fremd. Für den Realisten Konfuzius ist nach Zhao die beste aller möglichen Welten „eine Welt der ‚Großen Eintracht‘, d.h. eine extrem sichere Welt des gegenseitigen Vertrauens und der Solidarität“ (ebd.). In der Schilderung im Buch der Riten (Li Yun) werden nicht Freiheit und Unfreiheit thematisiert, sondern – wie Zhao hervorhebt - „die Existenzbedingungen für Sicherheit, Frieden, gegenseitiges Vertrauen und Solidarität“ (S. 20). Der Begriff der Freiheit hat im asiatischen Denken nicht die Bedeutung wie in der westlichen Welt. Schon die Übersetzung von „Freiheit“ bzw. „liberty“ oder „freedom“ machte sowohl chinesischen wie japanischen Aufklärern und Reformern um 1900 die größten Probleme ( 4 ). Dies hat auch mit der Erfahrung des Kolonialismus zu tun, die zeigte, dass individuelle Freiheit ohne Freiheit der Nation illusionär war. So wurde schon für die chinesischen Intellektuellen des vergangenen Jahrhunderts die individuelle Freiheit mehr von den feindlichen kolonialen Mächten bedroht als vom eigenen autoritären absoluten Staat. Auch wenn man diese Sicht als fragwürdig beurteilen will, kann man wohl nicht abstreiten, dass jede plumpe Einmischung in die inneren Probleme Chinas und anderer asiatischer Staaten fast immer genau das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht. Der Wert individueller Freiheit nach westlicher Vorstellung wird m.E. in China erst dann bei der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung hochgeschätzt werden, wenn die westlichen Mächte keinen Anlass mehr geben, sie als Bedrohung für die nationale Unabhängigkeit und Einheit zu sehen. Wer Sympathien für Separatismus und Unruhen bis hin zum Terrorismus zeigt bzw. diese Bewegungen sogar aktiv unterstützt, kann nicht damit rechnen, dass er in China breite Zustimmung findet. Der Westen sollte sich in den internationalen Beziehungen mit der Kompatibilität von Lebensformen begnügen, statt auf eine Gleichschaltung zu bestehen. Dann kann sich auch im Inneren Chinas die in vielen Bereichen bestehende Toleranz leichter ohne Widerstände ausbreiten. „Alles Lebende gewähren und fortleben lassen“ oder „Sein durch Werden“ (S. 229)Koexistenz ist die erste Voraussetzung für die Fortexistenz alles Lebenden. Das Tianxiasystem muss also nach Zhao „durch ein System allgemeiner Wohlfahrt die Vielfalt der Welt schützen und mit Hilfe des Prinzips der Koexistenz Daseinsbeziehungen gegenseitiger Ergänzung und Unterstützung schaffen, sodass der koexistenzielle Nutzen größer ist als der exklusive.“ (S. 230) Dies betrifft natürlich auch die Vielfalt von Werten und Lebensweisen, ohne dass hier Zhao extra darauf hinweist. „Sein durch Werden“ macht m.E. auch deutlich, dass jeder Existenz eine eigene Entwicklung zugestanden werden muss und kein externes Schema aufgedrängt werden darf. Das Recht auf Entwicklung ist eine der zentralen politischen Forderungen Chinas im Rahmen der Menschenrechtsdiskussion und wurde auch in die neueste gemeinsame Erklärung der SCO-Staaten von 2021 aufgenommen. Zhao zitiert aus dem Buch der Mitte den Vergleich mit den Pflanzen auf dem Feld (S. 20): „Alles geht gleichermaßen seinen Weg, ohne sich in die Quere zu kommen.“ Er vergleicht diese „Toleranz der Kompatiblen“ (S. 21) unter dem Himmel mit der göttlichen Richtschnur von Leibniz für die Möglichkeit eines Miteinander. Er sieht den „Dreh- und Angelpunkt“ des Tianxia „in der Nutzlosigkeit von Konkurrenz und antagonistischen Taktiken, genauer gesagt, in der Nutzlosigkeit von Aktionen, die darauf abzielen, andere zu vernichten, und ist daher in der Lage, Koexistenz als Voraussetzung von Existenz zu sichern.“ ( ebd. ) Kompatibler Universalismus (S.233) und universelle WerteDie „Denkweise des Monotheismus“ tendiere dazu, die eigenen Wertvorstellungen als „Leitwerte für die Welt“ (S. 233) und als universelle Werte zu betrachten. Andere Wertvorstellungen könnten höchstens tolerierbar sein. Diese Art Toleranz stelle andere Kulturen „an die Peripherie der Leitkultur“. Dagegen gehe das Tianxia-System von der „Vielfalt“ (ebd.) der Kulturen aus.. Eine der westlichen Wertearroganz diametral entgegengesetzte Position vertritt im übrigen auch Xi Jinping in einer Rede von 2014 (Xi Jinping: China regieren. Beijjing 2014: S. 317): „Alle Zivilisationen sind gleich wertvoll und haben ihre eigenen Stärken und Schwächen. Die Welt kennt weder eine perfekte noch eine wertlose Zivilisation. Keine Zivilisation ist einer anderen über- oder unterlegen.“ Zhao liefert eine ausführliche Begründung für die Überlegenheit seiner Konzeption eines kompatiblen Universalismus: Da jede Kultur annehmen könne, dass ihre Werte universell sein könnten, blieben die jeweiligen Werte doch immer partikularistisch (S. 233). Aber universelle Werte gibt es nach Zhao doch, nur sind das keine auf Individuen, sondern auf Beziehungen anwendbare Werte (S. 234). Er stellt deshalb zwei Behauptungen auf: (1) „Alle durch symmetrische Beziehungen definierten Werte sind universell“ In den goldenen Regeln aller Kulturen seien Werte „durch symmetrische Beziehungen definierte Werte“. (ebd.) Diese relationalen universellen Werte würden „zwingend als universell anerkannt“. Warum, erklärt Zhao nicht an dieser Stelle. Möglich kann das m.E. nur sein, wenn alle Staaten der Welt an den symmetrischen Beziehungen beteiligt sind. (2) „Alle nicht durch symmetrische Beziehungen definierten Werte sind partikularistische Werte“ Sie dürften nicht in den Außenbeziehungen zum Tragen kommen und keiner anderen Kultur aufgezwungen werden (ebd.). Der Ansatz bietet die Möglichkeit, gemeinsame Werte in der Kooperation von Staaten und Kulturen zu formulieren, die auch in der täglichen Praxis sich als universell anwendbar erweisen und universell akzeptiert werden können. Das ist weniger als im westlichen Wertekonzept, bietet aber dafür eine stabile Grundlage, auf der dann erfolgreicher über die einzelnen auf Individuen anwendbaren Werte diskutiert und verhandelt werden kann. Der Westen muss so nicht auf seine Werte verzichten. Er muss sich nur bei der globalen Durchsetzung dieser Werte an die gemeinsam akzeptierten relationalen universellen Werte halten. Im Prinzip ist dies eine postmoderne Anwendung der aufklärerischen Überlegungen Pierre Bayles aus dem 17. Jahrhundert in Bezug auf die Beziehungen der Religionsgemeinschaften. In seinem Kommentar zum neutestamentlichen „Nötige sie hereinzukommen“ weist Bayle auf die Konsequenzen einer wortgetreuen Auslegung dieser Jesus-Worte auf die Missionierung ferner Länder wie China hin ( 5 ). Dabei zeigt er Verständnis für einen Fürsten, der alle christlichen Missionare aus seinem Land verjagt, weil er all das „von seinen Staaten fernhalte, das ihnen Unordnung, Durcheinander, Bürgerkriege, Aufruhr und Revolten bringt“ (Bayle, S.130). Wenn wir die jüngsten Versuche zur Durchsetzung westlicher Wertevorstellungen im Irak, in Libyen, in Syrien, in Afghanistan und in Venezuela anschauen, wird klar, dass nur eindeutige Prinzipien der Nichteinmischung die Weiterverbreitung westlicher Werte erst ermöglichen können. Nur über die Einhaltung relationaler Werte können personenbezogene Werte erfolgreich in anderen Kulturen vermittelt werden. Der frühere deutsche Innenminister Hans-Jürgen Friedrich von der CSU hat diese Erkenntnis auf seine Weise klar formuliert ( 6 ): „ Ich glaube nicht, dass die postkolonialistische Attitüde, schwächere Länder zu belehren über das, was sie zu tun und zu lassen haben, noch zeitgemäß ist. Zumal wir nun erstaunt feststellen, dass China kein schwaches Land mehr ist. […] Und da hilft die deutsche Belehrungsattitüde in der Tat nicht.“ Für das Tianxia-System hält Zhao schließlich zusammenfassend fest: (1) Das System sei für die Welt, nicht für einen Staat gedacht (2) Das System sei offen für alle Völker und Staaten (3) Das System solle ein System „reziproker Beziehungen der Begünstigung“ sein, bei dem „gemeinsamer und geteilter Nutzen exklusiven Nutzen übertrifft.“ (S. 235) Die „Attraktivität des Beitritts“ werde also größer sein „als die der Ablehnung“. Dies bedeute nicht, dass unbedingt alle Staaten beitreten würden. Ausgeschlossen sei die Beherrschung des Systems durch einen Staat. Wie dieser Ausschluss aber gesichert werden kann, erklärt Zhao nicht. Er geht davon aus, dass die Zeit für Hegemonialmächte im Schwinden sei, da die globalen Netzwerke in Zukunft alles bestimmten. Dieses Netzwerk müsse im Tianxiasystem von einer „Institution in gemeinsamem Weltbesitz“ kontrolliert und reguliert werden (S. 236). Näheres erfahren wir leider oder auch sinnvollerweise nicht, da es nur Spekulation über zukünftige Entwicklungen wäre. Trotzdem wäre ein fiktives Beispiel für alle Lesenden sicher hilfreich gewesen. So verbleibt alles auf einer sehr abstrakten Ebene, die zu viele unterschiedliche Lesarten zulässt. Von dieser Ebene ausgehend weiterzudenken und eigene konkrete Beispiele zu finden, ist aber sicher nicht nur reiz-, sondern auch sinnvoll. Sakralität des Lebens und gutes LebenIn seinem Vorwort weist Zhao darauf hin, dass das Konzept des Tianxia (Alles unter dem Himmel) im alten China nicht nur „das politische Ideal einer Weltordnung“ und eine „Methodologie“ sei, sondern auch „sprituelle Aspekte“ (S. 9) umfasse. Dies betreffe die „zwischenmenschlichen spirituellen Beziehungen“, aber auch die zwischen dem Dao des Himmels und dem der Menschen. Zhao geht immer wieder auf spirituelle Fragen ein, spirituelle Fragestellungen sind aber nicht per se religiöse Fragestellungen. Politik muss sich nach Zhao auf jeden Fall „dem Problem der Sehnsüchte, der Spiritualität und der Emotion stellen“. So schließt das Buch auch mit einer kurzen Betrachtung über Spiritualität und Sakralität, über Riten und Musik (S. 236 ff.). Diese Betrachtung fügt dem ganzen Buch über die Frage eines guten Weltsystems eine entscheidende Anmerkung bei: die Unterscheidung von guter Welt und gutem Leben. Heinrich Heines „Wir wollen hier auf Erden schon das Himmelreich errichten“ aus dem „Wintermärchen“ lässt sich nach diesen Überlegungen mit einem Systemwechsel allein offensichtlich nicht durchsetzen. Die Riten legen nach Zhao „eine unterschiedliche Art des Respekts vor unterschiedlichen Existenzen“ fest. Sie hatten „ethische, soziale, hierarchische und ästhetische Bedeutung“. Sie verkörperten „eine vollständige Weitergabe von Wertvorstellungen des Lebens“(S. 237). Das Wort für Musik „Yue“ bedeutet nach Zhao mehr als nur Musik, „es bedeutet, mittels einer partizipierbaren ästhetischen Form Erfahrung mitzuteilen, ihr Sinn liegt in der Einbindung übermächtiger und ungezügelter Erfahrung in eine Form des Respekts bzw. der Ehrerbietung gegenüber den Emotionen und zugleich des Respekts vor den Partizipierenden.“ (S. 237 f.) Den tieferen Sinn dieses vom Herzog von Zhou vor 3000 Jahren geschaffenen Systems sieht Zhao darin, „durch Ehrerbietung vor den Details des Lebens diesem und der Schöpfung der gesamten Welt Sakralität zu verleihen.“ (S. 238) Diese Sakralität ist für Zhao keine Schöpfung Gottes, sondern „entspringt der Ernsthaftigkeit des Lebens.“ Das Leben hat so nur Bedeutung, „wenn alles im Leben Sakralität besitzt.“ Gehöre die Sakralität nur einem absoluten und ewigen Gott, habe das Leben keinen Sinn. Für Konfuzius gelten Riten und Musik als Garanten für die Sakralität des Lebens. Der Untergang des Ritus und die Verschlechterung der Musik sei deshalb nach Konfuzius das schlimmste Verbrechen. Wenn dies passiere, hörten die Menschen auf, „vor der Schöpfung Ehrfurcht zu empfinden“ und schließlich hörte „die Ehrfurcht vor der Schöpfung auf, Maßstab zu sein“. Wenn dann „die Freiheit des Menschen zum Maßstab der Schöpfung“ werde, führe dies zum „Verlust sämtlicher Maßstäbe“ (ebd.). Man kann die traditionelle Einstellung des alten Chinas als Religion ohne Gott bezeichnen und dieses Konzept einer Religiosität ohne Gott findet sich ja auch in der Aufklärung und der Romantik in Europa. China arbeitet heute daran, eine echte Ehrfurcht vor der Schöpfung zu bewahren. Religionsfeindlichkeit ist in China nicht mehr an der Tagesordnung. Das Projekt der Sinisierung der Religionen entspricht dem Projekt der Sinisierung des Marxismus. Wer China heute Religionsfeindlichkeit vorwirft, müsste ihm auch Marxismusfeindlichkeit vorwerfen. Die Verpflichtung der Mitglieder der KP Chinas auf das Denksystem des Dialektischen und Historischen Materialismus entbindet sie nicht davon, die Sakralität des Lebens und der Schöpfung zu achten, sondern erhöht diese Verpflichtung sogar, wenn die Argumentation Zhaos ernst genommen wird. Das ganze Buch von Zhao entwickelt ein Konzept für „eine sichere, friedliche und kooperative Welt“, aber abschließend gesteht Zhao zu, dass eine gute Welt „nicht zwangsläufig ein gutes Leben, d.h. ein Leben, dessen Verlauf von Sinn erfüllt“ (S. 238) sei, garantiere. Über die Voraussetzungen für ein gutes Leben hat er nur Andeutungen gemacht. Die letzten Sätze seines Buches klingen resignierend, können aber auch als Aufforderung für alle Menschen verstanden werden, selbst den Sinn des Lebens zu suchen und die Sakralität des Lebens und der Schöpfung zu achten: „Welche Formen von Ritus und Musik können der heutigen Welt, die ihre Spiritualität verloren hat, die rettende Erfahrung vermitteln? Selbst Konfuzius wusste damals nichts dazu zu sagen. Das Buch über die Musik innerhalb der sechs Klassiker ist längst verloren gegangen und bis heute unauffindbar, so dass wir uns keine vollständige Vorstellung machen können. Die Archäologen haben zahlreiche alten Schriften in Gräbern entdeckt, das Buch der Musik war nicht darunter. Sein Verlust muss möglicherweise als Metapher aufgefasst werden.“ (S. 238 f.) Beide Teile der Rezension finden sich hier: themen/Ostasien, VR China https://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Ostasien/index.htm Anmerkung der Redaktion Die obige Rezension des Buches von Zhao Tingyang „Alles unter dem Himmel: Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung“ ist für sich genommen schon sehr nachdenkenswert und frappierend. Frappierend ist für uns aber auch die Nähe Zhaos zur Systemtheorie Niklas Luhmanns, obwohl Zhao Luhmann an keiner Stelle erwähnt. Im Jahr 2014/2015 machte man sich auch am Lehrstuhl für Greater China Studies der Universität Tübingen hierzu Gedanken. Das Buch von Zhao Tingyang, dass wir hier rezensiert haben, war damals noch nicht erschienen (die deutsche Fassung stammt von 2020, die chinesische Originalausgabe von 2016). Aber es lagen frühere Schriften von Zhao Tingyang zum gleichen Thema aus dem Jahre 2011 vor. Es entstand eine hochinteressante Masterarbeit, auf die wir hier hinweisen wollen und aus deren Einleitung wir noch kurz zitieren: Peter Schütt. „Raumreflexionen in der Kommunikation zeitgenössischer chinesischer Philosophie aus westlicher Perspektive“. Masterarbeit vorgelegt im WS 2014/15, Eberhard Karls Universität Tübingen, 2015. https://uni-tuebingen.de/fileadmin/Uni_Tuebingen/Fakultaeten/Kulturwissenschaften/Institute/Asien-Orient-Institut/SinoKorean/GreaterChinaStudies/Master_Thesis_Collection/GCS_Master_Thesis_ Einleitung (Auszug) Der zündende Funke, der das Interesse für das Thema dieser Arbeit entfachte, … waren zwei Zeichen … Wuwai … bedeutet wörtlich übersetzt das Nichtvorhandensein eines Außen. Diese Wendung hat auf den Punkt zum Nachdenken angeregt und zwar so, dass sie zum Thema der Masterarbeit werden musste. Auf welche Wege diese Entscheidung führen würde, war zu dem Zeitpunkt nicht ansatzweise abzusehen. Begriffe wie Systeme und Weltgesellschaft öffneten ein unerkundetes Feld, das aber sofort eine faszinierende Anziehungskraft ausstrahlte. Aus dem Nichtvorhandensein eines Außen wurde sobald ein (operativ) geschlossenes System. Dies führte dann zur Systemtheorie Niklas Luhmanns und zur Frage: Welche Auswirkungen hat eine zunehmende Begrenztheit des Erdraums (das Nichtvorhandensein eines Außen) auf das soziale System der Weltgesellschaft? Nach Rudolf Stichweh ist die Weltgesellschaft das einzige Gesellschaftssystem, das es gegenwärtig auf der Erde noch gibt. Diese Aussage bildet die erste Prämisse für diese Arbeit. Die zweite Prämisse akzentuiert bzw. konstruiert zwei soziale Systeme innerhalb der Weltgesellschaft: das soziale System der „westlichen Zivilisation“ und das soziale System der „chinesischen Welt“. … Die Fragestellung wird ergänzt: Welche Auswirkungen hat die Begrenztheit des Erdraums auf das soziale System der Weltgesellschaft und wie verhalten sich dabei die sozialen Systeme „westliche Zivilisation“ und „chinesische Welt“? …
1 getarnte 2 Holger Magel: Chinas Weg aus der Armut – nachhaltig (erst) durch Regionalentwicklung. Rede auf einer Gemeinschaftsveranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung mit dem Generalkonsulat der Volksrepublik China am 16.6.2021, https://china.hss.de/fileadmin/user_upload/Projects_HSS/China/Bilder/Themenbilder/Veranstaltungen 3 Donald Davidson: Vernünftige Tiere. In: ders.: Subjektiv, intersubjektiv, objektiv. Frankfurt 2004: S. 185 4 vgl. Kosaka Shiro: Ostasien und die Aufklärung. Der Konflikt mit dem Universalismusanspruch des westlichen Rationalismus. In: Aufklärungen – Modernisierung in Europa und Ostasien, hg. v. Karsten Kenklies u. Kenji Imanishi. München 2016, S. 1-35 5 Siehe 5. Kapitel Pierre Bayle: Toleranz. Ein philosophischer Kommentar. Herausgegeben von Eva Buddenburg und Rainer Forst. Berlin 2016 6 https://table.media/china/analyse/keine-ideologischen-belehrungsorgien-der-gruenen/
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