News aus Jinan

Jinan kleckert nicht, es klotzt schon wieder

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Augsburg hat mit der historischen Wasserwirtschaft seine Bewerbung zum Weltkulturerbe eingereicht und seine Schwesterstadt Jinan ist ihm mit einer eigenen Bewerbung als Quellenstadt gefolgt. Werden beide Schwesterstädte erfolgreich sein? Die Erfahrungen Augsburgs waren für Jinan hilfreich und ein Doppelerfolg wäre eine Bestätigung der bisherigen sehr guten Kooperation zwischen Jinan und Augsburg. Jinan hat nun nachgelegt und einen wichtigen Fürsprecher gewonnen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat im September die Quellen Jinans besucht und seine Unterstützung für die Bewerbung unserer Schwesterstadt erklärt. Damit kann Augsburg nicht klotzen, aber unsere Bewerbung ist hervorragend und wir können es schaffen und dann gemeinsam feiern.

Im selben Monat fand in Jinan die Eröffnungszeremonie für den neuen Internationalen Schiedsgerichtshof statt, der jetzt auch allen internationalen Unternehmen Beratung, Vertragsbestätigung, Mediation und Schiedsgerichtsverfahren anbietet. Wer in Jinan und Shandong unternehmerisch tätig ist, wird in Zukunft davon profitieren. Auch ohne TTIP tut sich also in China schon etwas für die Sicherheit von Investitionen. Aber angeblich braucht Europa TTIP, um China unsere Standards aufzuzwingen. Die Wahrheit ist, dass China schon viele Freihandelsabkommen mit einzelnen Ländern geschlossen und auch ohne Druck für beide Seiten zufriedenstellende Übereinkünfte erzielt hat. Das neue Schiedsgericht in Jinan zeigt auf jeden Fall, dass unsere Schwesterstadt für den weiteren Globalisierungsprozess bestens gerüstet ist.

Aber nicht nur ökonomisch ist Jinan interessant, auch bei der Bürgerbeteiligung erregt es internationales Interesse. Ende Oktober besuchte eine Delegation aus der schwedischen Stadt Vasteras Jinan, um sich über die Arbeit des dortigen Volkskongresses und die Bürgerbeteiligung in politischen Angelegenheiten zu informieren. Dabei nahmen die schwedischen BesucherInnen eine Bürgerhotline, eine Bürgerservicehotline, eine Website für Bürgerbeschwerden und -anregungen in Augenschein und beobachteten die „Face-to-Face“-Liveshow des örtlichen Fernsehens, in der BehördenvertreterInnen BürgerInnen Rede und Antwort stehen müssen. Wir werden uns bemühen, mehr darüber zu erfahren.

Die Frauenföderation des Huayin-Districts in Jinan hat ein eigenes „Wise-Steward“-System entwickelt, bei dem Freiwillige und amtliche ExpertInnen online Informationen und Beratung anbieten. Frauen können sich Hilfe holen in Fragen wie Unternehmensgründungen, Familienkonflikten, Krebserkrankungen oder Verarmung. Bei der Online-Beratung bleibt es aber nicht, Hausbesuche folgen.

Freundschaftsbotschafterin Zhang Haidi im Stadtratssaal am 18.1.2008

Die bekannteste Frau aus Jinan ist Zhang Haidi, die 2008 bei einem von der DCG Deutsch-Chinesichen Gesellschaft Augsburg initiierten Besuch vom damaligen Oberbürgermeister Paul Wengert als „Freundschaftsbotschafterin“ Augsburgs ausgezeichnet wurde. Zhang Haidi hatte bei einem Vortrag im Stadtratssaal auch eine Einladung an zwei Augsburger BehindertensportlerInnen zu den Paralympischen Spielen in Beijing ausgesprochen, die von der Stadt Jinan mit einer Einladung nach Jinan ergänzt wurde. Die DCG Augsburg trug dann noch finanziell zur Sicherstellung der Flugtickets bei. Zu dieser Zeit war Zhang Haidi als stellvertretende Vorsitzende sowohl des Schriftstellerverbandes von Shandong als auch des Gesamtchinesischen Behindertenverbandes in Augsburg. Peinlich war die Ankunft, als sie und ihr Mann durch einen verschmutzten Tunnel aus dem Bahnhof herausgeführt werden mussten, weil anders der Rollstuhltransport nicht so leicht möglich gewesen wäre. Nach dem Bahnhofsumbau könnte die heutige Präsidentin des Gesamtchinesischen Behindertenverbandes, die 2014 auch zur Präsidentin der einzigen weltweiten Behindertenorganisation „Rehabilitation International“ gewählt wurde, sicher angemessener den Bahnhof Augsburg verlassen. Aber vielleicht wird sie ja auch vorher mal wieder als „Freundschaftsbotschafterin“ nach Augsburg eingeladen. Ihr internationales Ansehen ist auch dokumentiert durch die Ehrendoktortitel der York University und der University of Massachusetts. Zhang Haidi ist als Tochter unserer Partnerstadt immerhin in Augsburg auch noch Ehrenmitglied der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Augsburg und bedankt sich regelmäßig für alle Rundmails.

Aber Jinan bietet ja noch mehr interessante Besuchsanlässe. Ende Oktober fanden auch das zwölfte landesweite Marxismus-Forum und die Jahresversammlung der chinesischen Forschungskommission für Marx und Engels in Jinan statt. Leitthema war „Marxismus und traditionelle chinesische Kultur“. Für Töchter und Söhne der Brecht-Stadt Augsburg wäre da ja auch ein Beitrag zum Einfluss von Mei Lanfang auf das Schaffen von Bertolt Brecht möglich gewesen. Auf einen Marxismus-Kongress in Augsburg müssen wir allerdings wohl noch länger warten. Gut, dass es unsere Schwesterstadt gibt. – hbm

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