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Das größte Hindernis für den Wiederaufbau und die Verbesserung der bedrückenden Lebensbedingungen sind heute die Finanz- und Wirtschaftssanktionen Deutschlands und der EUBischof Hanke an der Seite der syrischen BevölkerungDen Leidensdruck auf die syrische Bevölkerung will die Bundesregierung aufrechterhalten, bis die Regierung in Damaskus stürztBernd Duschner
Am 19. Februar berichtete uns Bernd Duschner, Pfaffenhofen, dass der Eichstätter Bischof Hanke soeben aus Syrien zurückgekehrt sei und ein hochinteressantes, informatives Interview (1) gegeben habe. Bernd Duschner empfahl dringend, dieses Video anzusehen und zu verbreiten und schrieb dazu: „Bekanntlich haben die Bundesregierung und EU seit 2011 umfassende Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Syrien verhängt. Mit diesem Embargo soll ein Sturz der syrischen Regierung erzwungen werden. Zu den Sanktionen gehören das ‚Einfrieren‘ syrischer Konten, Importverbot in die EU für syrisches Öl, Abschneiden vom internationalen Bankverkehr und Kreditmarkt. Das Land soll keine Devisen verdienen können, damit es am Weltmarkt nichts einkaufen kann, weder Rohstoffe für beispielsweise seine Pharmaindustrie, keine Maschinen und Geräte für den Wiederaufbau, keine Lebensmittel, keine Arzneimittel. Erst recht verboten sind Investitionen oder der Verkauf von Ausrüstungen/Maschinen für die Energiewirtschaft in Syrien, die schwer an den Folgen der Zerstörungen durch die ‚Rebellen‘ (ISIS, Al Nusra) gelitten haben. Kein Wunder, wenn Millionen Syrer in tiefster Armut leben müssen, viele hungern, das Land unter Strom- und Heizölmangel leidet. Unser Verein (2) hat seit Dezember 2011 immer wieder auf die Folgen der Sanktionen hingewiesen und ihre Aufhebung gefordert. Hoffen wir, dass sich jetzt mehr Menschen anschließen. Die UN-Vollversammlung hat einseitige, ohne Zustimmung des Sicherheitsrates verhängte Wirtschaftssanktionen wiederholt als Bruch der UNO-Charta und des Völkerrechts verurteilt.“ Wir wollen in diesem Artikel einen Leserbrief von Bernd Duschner im Donaukurier veröffentlichen, in dem er unter Berufung auf den Eichstätter Bischof hierzulande gängigen Behauptungen über Syrien entgegentritt und vor allem die Notwendigkeit einer Aufhebung der Sanktionen betont.
Bischof Hanke an der Seite der syrischen BevölkerungLeserbrief von Bernd Duschner, Pfaffenhofen, zur Syrienreise des Eichstätter Bischofs, Donaukurier 15.3.2019
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke ist von einer Reise nach Syrien zurückgekehrt. Er wollte sich vor Ort im Gespräch mit den dortigen Bischöfen, den christlichen Gemeinden und der Bevölkerung informieren und Solidarität zeigen. Dazu gehört Mut angesichts der Greuelnachrichten, die von interessierter Seite gezielt verbreitet werden, um zu verhindern, dass Besucher nach Syrien reisen und sich ihre eigene Meinung bilden. Mittlerweile ist der größte Teil des Landes von den Terrorgruppen des IS und der Al Nusra befreit und wieder unter Kontrolle der Regierung. In seinem sehr hörenswerten Interview auf der Internetseite des Bistums berichtet Bischof Hanke: „Ich konnte in den befreiten Gebieten problemlos reisen. Es mag, da und dort, etwa in Palmyra, noch etwas schwieriger sein. Aber Aleppo, Homs und die anderen Großstädte, da konnte ich keinerlei Gefahrenpotentiale erkennen. Natürlich ist immer noch ein Problem das von Rebellen besetzte Gebiet in Idlib.“ In Syrien leben seit Jahrhunderten Christen mit Moslems, Alauiten mit Druzen zusammen. Die Syrer wissen: Ihr Land kann nur als weltlicher Staat bestehen, nicht als „Kalifat“, in der Andersgläubige, wie bei „unseren“ Bündnispartnern Saudi-Arabien oder Katar, verfolgt und Frauen die elementarsten Rechte verweigert werden. Das war auch der Grund, weshalb die vom Ausland mit modernsten Waffen und Geldern versorgten islamistischen Kämpfer letztlich am Widerstand der syrischen Bevölkerung und ihrer Armee scheiterten. In Syrien, schreibt Patriarch Mtanios Haddad, gilt: „Wasser und Strom für die Gebetsstätten und dazugehörigen Gebäude werden vom Staat bezahlt; alle Gebetsstätten jeder Religion genießen das gleiche Ansehen und den gleichen Schutz. Der Staat gewährt sogar allen Religionen gratis Grund und Boden für den Bau von Gebetsstätten …“. Es muss deshalb nicht verwundern, wenn Bischof Hanke berichtet: „Ich bin in Aleppo mit dem Talar, mit dem Habit gelaufen, ich bin in Damaskus damit gelaufen. Man wird sogar sehr wohlwollend angesprochen, die Menschen verstehen die Sprache dieser Kleidung.“ Das größte Hindernis für den Wiederaufbau und die Verbesserung ihrer bedrückenden Lebensbedingungen der Menschen dort sind heute die Finanz- und Wirtschaftssanktionen, die Bundesregierung und Europäische Union (EU) seit 2011 gegen Syrien verhängt haben: Sie verhindern, dass Syrien Devisen erwirtschaften und mit ihnen die erforderlichen Rohstoffe und Maschinen für seine Wirtschaft bzw. Lebensmittel und Medikamente für die Versorgung seiner Bevölkerung einkaufen kann. Seit 2011 sind seine Konten in der EU „eingefroren“, Importe von Rohöl aus Syriens, (Haupteinnahmequelle des Landes) verboten, alle Bankverbindungen gekappt, um Überweisungen von bei uns lebenden Syrern zu verhindern und der Zugang des Landes zu den internationalen Finanzmärkten gesperrt. Dazu kommt das Verbot bei vielen Gütern, so insbesondere Ausrüstung und Technologie für die Raffination von Erdöl und Erdgas und für Stromkraftwerke, nach Syrien zu exportieren. In ihrem dringenden Appell, die Sanktionen aufzuheben, hatten die Kirchenoberhäupter Syriens bereits 2016 deren Folgen deutlich benannt: „Es fehlt an Lebensmitteln, es herrscht eine allgemeine Arbeitslosigkeit, medizinische Behandlungen sind unmöglich geworden, Trinkwasser und Strom sind rationiert. (…). Selbst Nicht-Regierungsorganisationen, die Hilfsprogramme durchführen möchten, können ihren Mitarbeitern in Syrien kein Geld schicken. Firmen, Stromwerke, Wasserwerke und Krankenhäuser sind gezwungen, zu schließen, weil sie keine Ersatzteile und kein Benzin bekommen können.“ Diesen Druck (im Original Leidensdruck) auf die syrische Bevölkerung wollen Bundesregierung und EU solange aufrechterhalten, bis die Regierung in Damaskus stürzt. Bischof Hanke hat keine Scheu, die Wahrheit deutlich auszusprechen: „Die Menschen leiden sehr unter dem Embargo. Das trifft vor allem die einfachen Leute auf der Straße. Diejenigen, die wenig zum Leben haben, die werden durch das Embargo in Haft genommen und führen ein teilweise sehr, sehr beschwerliches, elendes Leben.“ Unser Verein „Freundschaft mit Valjevo“ in Pfaffenhofen ist seit einigen Jahren im engen Kontakt mit den Don-Bosco-Schwestern in Damaskus. Sie führen dort ein Krankenhaus mit Kindergarten. Dank Spenden unserer Pfaffenhofener Mitbürger konnten wir ihnen mittlerweile insgesamt 80.000 Euro für den Kauf medizinischer Geräte und für den Kindergarten zur Verfügung stellen. Solche humanitäre Hilfe ist wichtig, auch als Zeichen der Solidarität. Eine nachhaltige Verbesserung der Lage der syrischen Bevölkerung und ein Wiederaufbau des Landes aber setzt die Aufhebung der Sanktionen voraus. Sich dafür wie Bischof Hanke mutig in der Öffentlichkeit einzusetzen, ist Aufgabe jedes Humanisten und jedes Christen, der seinen Glauben ernst nimmt. Bernd Duschner, Pfaffenhofen
1 Solidaritätsreise nach Syrien: Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke im Interview mit Bernhard Löhlein. Bistum Eichstätt, 19.2.2019. https://www.youtube.com/watch?v=EHZg3IUtE-I. 2 Freundschaft mit Valjevo e. V., Für Frieden, Freundschaft und Völkerverständigung, http://www.freundschaft-mit-valjevo.de/wordpress/
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